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Funktionelle Biomechanik

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Die funktionelle Biomechanik ist eine Wissenschaft, die uns hilft, den menschlichen Körper in seiner Ganzheit zu verstehen. Sie geht auf die Beziehungen und Interaktionen der verschiedenen Körperteile, -segmente und -systeme ein, die dazu beitragen, dass der Körper seine Aufgaben verrichtet (oder auch nicht). Diese Beziehungen und Interaktionen bilden einen praktischen Rahmen, den man nutzen kann, um die Komplexität des menschlichen Körpers und seine Funktion zu verstehen. Diese ist eine faszinierende Kombination aus komplexen Systemen, die miteinander verbunden und vernetzt sind. Sie wird einerseits körperintern durch die Interaktion der Organsysteme und andererseits durch die Interaktion des Menschen mit seiner Umgebung bestimmt. Die funktionelle Biomechanik kann daher als eine Kettenreaktion betrachtet und entsprechend beschrieben werden.

 

Organsysteme

Im Körper wirken unter anderem Nerven-, Muskel- und Skelettsystem zusammen, die durch das Herz-Kreislauf-System unterstützt werden. Funktionell kombiniert werden sie als neuromuskuloskelettales System (NMS) bezeichnet. Millionen von Nerven, Hunderte von Muskeln und Knochen arbeiten im Körper zusammen und bilden die funktionelle Kette der Biomechanik. Um die Wechselwirkungen und Zusammenhänge des NMS-Systems zu kennen, muss man ein funktionelles Wissen über die Interaktion des NMS-Systems mit der Umgebung besitzen. Nur wenn man weiß, warum und wie die Kettenreaktion des NMS-Systems auftritt, um sämtliche Formen von Funktion zu erzeugen, kann man die funktionelle Biomechanik verstehen und optimal nutzen.

 

Funktionelle Aktivitäten

Die menschliche Funktion hängt von den erforderlichen oder erwünschten funktionellen Aktivitäten innerhalb der vorhandenen Umgebung ab. Zu den globalen funktionellen Aktivitäten zählen Körperpflege und Ankleiden, Aktivitäten im Haushalt und Beruf, Training und Tätigkeiten, die die Kondition fordern und fördern, Freizeit und Sport sowie therapeutische und rehabilitative Maßnahmen. Um diese erforderlichen oder erwünschten globalen funktionellen Aktivitäten auszuführen, müssen grundlegende funktionelle Aktivitäten erfolgreich umgesetzt werden. Es gibt eine große Vielzahl grundlegender funktioneller Aktivitäten, die als elementare Bausteine der globalen menschlichen Funktion betrachtet werden müssen.

 

Grundlegende funktionelle Aktivitäten

Rollen
Strecken
Hopserlauf
In die Knie gehen
Sich winden
Treppen hinaufsteigen
Stehen
Sich drehen
Treppen hinabsteigen
Gehen
Auf den Fußballen drehen
Greifen
Schreiten
Joggen
Auf einem Bein stehen
Wegdrücken
Laufen
Gewicht verlagern
Heranziehen
Sprinten
In die Hocke gehen
Etwas hochheben
Abbremsen
Ausfallschritt machen
Etwas tragen
Beschleunigen
Sich stabilisieren
Springen
Treten
Sich beugen
Auf einem Bein springen
Werfen
Fangen
Ausholen
Schwimmen
Schlittschuh/Rollschuh fahren
Skifahren
Zuschlagen

 

 

Dreidimensionalität menschlicher Funktion

Die menschliche Funktion ist dreidimensional. Es gibt drei Körperebenen, in denen wir uns gleichzeitig bewegen. Diese Ebenen werden als anatomische Lage- und Richtungsbezeichnungen verwendet. Die Sagittalebene bezieht sich auf Vorwärts- und Rückwärtsbewegungen. Die Frontalebene bezieht sich auf Seitwärtsbewegungen. Die Transversalebene bezieht sich auf Rotationsbewegungen. Alle unsere grundlegenden funktionellen Aktivitäten erfordern ein integriertes NMS-System, das in allen drei Ebenen gleichzeitig reagiert und arbeitet. Wenn man vorwärts geht, bewegt man sich automatisch in der Sagittalebene, aber – was weniger offensichtlich ist – ebenso in der Transversal- und Frontalebene. Wenn man auf einem Bein oder beiden Beinen stehen will, ohne das Gleichgewicht zu verlieren, muss das NMS-System in der gesamten Kettenreaktion in der Lage sein, in diesen drei Dimensionen zu operieren. Je nachdem, wie unsere Gelenke geformt sind, unsere Muskeln ansetzen und unsere Nerven vernetzt sind, sind alle grundlegenden funktionellen Aktivitäten dreidimensional, das heißt sie finden gleichzeitig in allen drei Körperebenen statt.

Euer Gary Grey

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Natürliche Bewegungsintelligenz – Animal Athletics

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Ein Raubtier, das mit unglaublicher Geschwindigkeit zielsicher seiner Beute hinterherjagt. Ein Gorilla, der seinen massiven Körper mit Mühelosigkeit von Ast zu Ast schwingt. Ein Kind, das sich vom Hinfallen bei den ersten Gehversuchen nicht unterkriegen lässt. Das sind alles Beispiele dafür, dass sich Tiere wie Kinder intuitiv und ohne Anleitung bewegen. Sie brauchen niemanden, der ihnen sagt, wie sie es richtig machen. Oder wie oft sie es machen müssen, damit es seinen Zweck erfüllt.

Der erwachsene Homo sapiens der industrialisierten Welt hat diesen natürlichen Bewegungsbezug verloren. Schade eigentlich! Aber es lässt sich leicht erklären, warum das so ist. Für Tiere und Kleinkinder ist ständiges Sichbewegen nicht nur ein netter Freizeitspaß, sondern eine Überlebensnotwendigkeit. Sie sind hoch motiviert, darin so gut wie möglich zu werden. Um sich Essen zu sichern, einen Schlafplatz zu finden oder einen Paarungspartner zu beeindrucken, um dem Feind zu entkommen oder einfach nur, um den tollen bunten Gegenstand auf dem Tisch zu erreichen und in Mamas Arme zu laufen.

In modernen Industrienationen fehlt uns Erwachsenen diese zwingende Motivation. Im Laufe der Zivilisationsgeschichte haben wir es uns immer bequemer gemacht. Wir haben immer schnellere Fortbewegungsmittel erfunden und dichte Infrastrukturen der Versorgung entwickelt. Der nächste Supermarkt ist – zumal wenn du in einer Großstadt lebst – nicht weiter als ein paar hundert Meter entfernt. Natürliche Fressfeinde im engeren Sinne gibt es nicht mehr, sieht man einmal von den Artgenossen ab, die die letzte Tafel unserer Lieblingsschokolade vor unseren Augen aus dem Supermarktregal wegschnappen.

 

Kurzum: Wir müssen uns gar nicht mehr viel bewegen und haben uns daran gewöhnt.

Kurioserweise ist auch das ein Ausdruck unseres evolutionären Programms, mit einem Minimum an Aufwand das bestmögliche Ergebnis zu erreichen. Aber diese gnadenlose Effizienz richtet sich jetzt gegen uns. Weil wir durch sie unsere angeborenen Skills (Fähigkeiten) verlieren. Wir bewegen uns immer weniger, haben aber verlockendes Futter überall in Reichweite. Diese Lebensumstände haben massiven Einfluss auf unser Körperbild und unsere Gesamtkonstitution. Unfreundlicher formuliert bedeutet das: Wir werden dick, träge, gefährden unsere Gesundheit und verlieren unsere angeborene Bewegungsfähigkeit.

Wenn dann das schlechte Gewissen Alarm schlägt oder sich erste Schmerzen einstellen, dann tun wir wiederum das, was wir in der industrialisierten Gesellschaft gelernt haben. Wir greifen zu technischen Mitteln, um der Bewegungsarmut und dem Überangebot an Nahrung entgegenzuwirken und das natürliche Gleichgewicht wieder herzustellen. Da werden in Fitnessstudios Gewichte gestemmt, man spannt sich in Geräte ein und misst seine Aktivitäten minutiös mit modernen digitalen Tools, die Herzfrequenz, verbrannte Kalorien und Sauerstoffsättigung im Blut aufzeichnen.

Spulen wir dieses Programm regelmäßig ab, fühlen wir uns gut und auf der sicheren Seite. Wir können einen Haken dahinter machen! Sport ist gemacht. Die Pflicht ist erfüllt. Im Autopilot-Modus tun wir, was wir tun müssen. Überlege einmal, wie viele Menschen wirklich gerne zum Training gehen und wie oft man Sätze hört wie: »Ich kann mich heute nicht zum Sport aufraffen!« oder »Für heute hätte ich’s wieder geschafft!«. Das sind Sätze, die einen nachdenklich machen sollten. Schließlich geht es um Bewegung, die uns gut tun sollte und wo wir einmal ganz bei der Sache sind.

Es wird Zeit, mit dem Training im Autopilot-Modus aufzuhören. Wir sollten beginnen, uns wieder bewusster zu bewegen, spielerisch und zugleich fokussiert.

 

Trainingspläne direkt aus der Natur

Den spielerischen, lustvollen Bezug zur Bewegung wiederzugewinnen, ist ein ganz wichtiges Ziel! Das beste Vorbild dafür sind wir selbst. Wir müssen nur ein paar Jahre unserer biologischen Uhr zurückdrehen. Wir alle waren als Kleinkinder instinktive Bewegungsprofis und die geborenen Mobility-Experten. Wir haben Schritt für Schritt unsere Skills aufgebaut. Sind zuerst gerollt, dann gekrochen, dann gekrabbelt, haben dann gekniet (unsere allerersten Squats!) und irgendwann haben wir dann ein paar wacklige Schritte unternommen, die schließlich immer zielsicherer wurden. Dabei sind wir einem angeborenen »Trainingsplan« gefolgt, den uns keiner erstellt hat, sondern den wir durch Ausprobieren, Verwerfen, noch mal Ausprobieren, Andersmachen immer weiter optimiert haben. Jedes dieser Muster (Pattern) war dabei die Basis für den nächsten Entwicklungsschritt.

Und heute? Mal Hand aufs Herz, wann hast du das letzte Mal probiert, dich auf dem Boden vom Bauch auf den Rücken zu rollen? Das dürfte schon eine Weile her sein, und es ist gar nicht unwahrscheinlich, dass du darin heute nicht mehr so gut bist wie im ersten Lebensjahr. Ganz zu schweigen davon, dass du es vielleicht ein bisschen kindisch und als nicht mehr »altersgemäß« empfindest. Aber nur Mut! Wenn du es ausprobierst, hast du schon den ersten Schritt getan auf einer spannenden Reise zurück zu den kraftvollen Bewegungsressourcen, die in dir stecken.

Mit den Animal Athletics schöpfen wir dieses Erbe voll aus. Wir rollen, kriechen, krabbeln, hüpfen und bewegen unseren Körper spielerisch durch die verschiedenen Ebenen, wobei wir unterschiedliche Gelenkpositionen einnehmen. So üben wir hoch funktionale Bewegungsmuster, die ein geniales Rezept für mehr Bewegungskompetenz und weniger Schmerzen sind. Tiere und kleine Kinder praktizieren sie jeden Tag. Wir können von diesen perfekten Athleten jede Menge lernen!

 

Natürliche Bewegungsmuster als Basis

Mit funktioneller Bewegung ist bei Animal Athletics mehr gemeint als nur die Aktivierung von Muskelketten, auf denen im Grunde jedes funktionelle Training basiert. Animal Athletics zeichnen sich dadurch aus, dass sie auf natürlichen Bewegungsmustern basieren, und das nicht nur, weil sie dreidimensional sind. Hinzu kommt, dass wir sämtliche Positionen durchspielen, die wir während unserer Individualentwicklung erlernt haben:

• Rückenlage
• Bauchlage
• Seitenlage
• Vierfüßlerstand
• kniend (ein Knie/zwei Knie am Boden)
• stehend (Einbein-/Zweibeinstand) und sitzend

So kurz und knapp diese Auflistung aussieht, so unendlich sind die Variationen, die innerhalb dieser Grundpositionen möglich sind. Es kommen noch die Übergänge von einer Position zur anderen hinzu. Genau in diesen »Transitions« liegt das Potenzial für die Entwicklung der Bewegungsmuster. Hier ist höchste Kontrolle gefragt, um fließend von einem Move zum nächsten durchzugleiten. Denke nur an das Beispiel mit der Rollbewegung vom Rücken in die Bauchlage und wieder zurück, die wir erst wieder mühsam erlernen müssen, obwohl es uns doch als Kleinkind so leicht fiel.

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Früher fielen sie uns leicht. Heute müssen wir sie wieder erlernen: die Rollbewegungen.

 

Ganzheitlicher Ansatz statt isolierter Skills

Ganzheitlich ist ein viel zitierter Begriff in der Functional-Training-Community. Sieht man sich im Tierreich um, so wird deutlich, dass das keine Modeerscheinung ist, sondern die natürlichste Sache der Welt. Auch bei den Tieren ist es stets ein komplexes Zusammenspiel unterschiedlichster Fähigkeiten, das den Vorteil im Überlebens- kampf sichert. Nehmen wir den Löwen als Beispiel. Er braucht Ausdauer sowie Sprinterqualitäten im Abschluss, um an seine Mahlzeit heranzukommen. Und schließlich Stärke, um die Halswirbelknochen seiner Beute aufzuknacken. Mit anderen Worten ist es die Kombination aus Kraft, Ausdauer und Schnelligkeit in der Finalphase, die den Löwen zum König der Savanne macht. Im Hinblick auf Gender-Aspekte ist es erwähnenswert, dass es eigentlich die Löwinnen sind, denen dieser Titel gebührt, denn sie sind in der Regel die Nahrungsbeschafferinnen dieser Spezies.

Ganz in diesem Sinne zielen die Animal Athletics auf das Zusammenspiel vieler Fähigkeiten ab, wie es von der Natur vorgesehen ist. Mobilität (»mobility & flexibility«), Kraft und Stabilität (»strength & stability«), Koordination (»coordination«), Ausdauer (»endurance«), Geschwindigkeit (»speed«) und eine besondere Form der Schnellkraft (»plyometrics«) gehören dazu.

 

Animal Athletics weckt, was in uns steckt

Animal Athletics sind ein geeignetes Mittel, um die natürliche Bewegungsintelligenz zurückzuerlangen, die in unserer DNA einprogrammiert ist. Die abwechslungsreichen Übungen, die von Tierbewegungen und frühkindlichen Mustern inspiriert sind, sind Bodyweight-Training pur. Es werden keinerlei Geräte benötigt und die Workouts sind jederzeit und überall durchführbar. Innerhalb des Konzepts kommen alle Dimensionen der Fitness ins Spiel. Die Tierübungen schulen Beweglichkeit, Koordination, Kraft sowie Ausdauer. Der Spaß kommt dabei bestimmt nicht zu kurz, denn die Tierübungen lassen sich in immer wieder neuen Variationen zu kreativen Sequenzen zusammenfügen. Du wirst mit einigem Geschick schon bald in der Lage sein, dein eigenes Tiertraining zusammenzustellen.

Bei allem Spaß sei an dieser Stelle nicht verschwiegen, dass es auch tierisch anstrengend wird. Das Ergebnis kann sich in jedem Fall sehen lassen. Du erlangst mit Animal Athletics einen athletischeren, fähigeren Körper, wie ihn die Natur für uns vorgesehen hat.

 

Euer Fabian Allmacher

 

Auszug aus „Animal Athletics“

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Verbesserung der Beweglichkeit in der Brustwirbelsäule

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Die hauptsächliche Aufgabe der Brustwirbelsäule (BWS), bestehend aus 12 Wirbeln zwischen der Hals- und Lendenwirbelsäule, liegt vornehmlich darin unseren Oberkörper aufrecht zu halten und die inneren Organe zu schützen.
Wollen wir unseren Oberkörper drehen, also eine Rotation der Schultern, entgegen dem Becken so geschieht die Rotation hauptsächlich in der BWS. Durch das viele sitzen und die nach vorne gebeugte Haltung am Mobiltelefon, schränken die Beweglichkeit der BWS immer mehr ein. Mit dieser Übung erreichst du einen sofortige Verbesserung der Rotation.

 

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Movement Flow – Erklärung und Zielsetzung

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Wenn ein neues Bewegungsmuster vom Körper abgefragt wird, ist die Ansteuerung der Muskulatur für das Gehirn eine Herausforderung. Wenn dieses Bewegungsmuster ein komplexer, multidimensionaler Bewegungsablauf ist, hat das Gehirn keine freien Kapazitäten mehr um über Alltagsprobleme nachzudenken. Auch wenn dieser gezeigt der Flow zunächst für manche ausführenden zu anspruchsvoll scheint, so muss das Ziel nicht zwangsläufig sein, diesen flow zu beherrschen. Gebe dich auch damit zufrieden in deinem Kopf für Ruhe gesorgt zu haben.

Viel Spaß und viel Ruhe

Euer Rouven Bürgel

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Gelenk-Ausrichtung für bessere Performance

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Allzu oft werden heutzutage im Bezug auf Verletzungen vorschnell gravierende Entscheidungen getroffen, die das Leben für immer verändern können. Arthrose, Impingements und andere Diagnosen klingen häufig so radikal, dass die Betroffenen meist alle Infos aufnehmen, die von „Experten“ an sie rangetragen werden. Doch helfen Tabletten, OP’s und die modere Medizin im Allgemeinen diese Welle an degenerativen Veränderungen zu bekämpfen oder gibt es Alternativen, dieser Epidemie entgegen zu wirken? Kann ich Schmerzen selbst behandeln? Gibt es Möglichkeiten meinen Körper auf alle Gegebenheiten des Lebens vorzubereiten, so dass ich mit den genannten Problemen besser umgehen kann bzw. diese gar nicht erst auftauchen?

 

Die Theorie

 

Der komplizierte Körper

Unser Körper-Design kann auf extrem komplizierte Weise dargestellt werden. Als Säugling besitzen wir noch bis zu 350 Knochen und Knorpel, von denen einige während der körperlichen Entwicklung zusammenwachsen, so dass wir schließlich aus insgesamt 206 Knochen bestehen, davon alleine 22 Schädelknochen. Das menschliche Skelett macht dabei rund 12% unseres Körpergewichtes aus (schwere Knochen, jaja).

Desweiteren besitzt jeder gesunde Mensch ca. 650 Muskeln, die meisten davon in Gesicht und an den Händen. Die Muskulatur macht je nach Geschlecht 30 (Frauen) bis 40% (Männer) des Gesamtköpergewichtes aus.

Nehmen wir nun noch unsere Gelenke hinzu. Zählen wir nur unsere „echten Gelenke“, welche aus zwei Gelenkpartnern, einem knorpeligen Gelenkspalt und einer Gelenkkapsel bestehen, so sind es etwa 100 echte Gelenke in unserem Körper. Nimmt man allerdings alle gelenkigen Verbindungen, also auch Strukturen, die durch Sehnen, Bänder und Knorpelstrukturen miteinander verbunden sind und Bewegung zulassen in die Summe mit auf, so sind es über 350 gelenkige Verbindungen im menschlichen Körper. Tausende Kilometer Nervenbahnen, das Fasziensystem und jede Menge weitere Strukturen machen unser komplexes Modell komplett.

 

Einfach halten

Wir können allerdings auch ein sehr vereinfachtes Körper-Modell wählen, welches nicht mit Details verwirrt und dennoch die Funktionen unserer großen Gelenke (Sprunggelenke, Knie, Hüfte und Schultern) verdeutlicht.

 

Lines Body

 

Anhand dieses Modells fallen einige Punkte auf:

– Ziehen wir vertikale und horizontale Linien durch die Gelenkspunkte, so entstehen rechte Winkel,   welche die Basis für dieses Model darstellen

– Alle großen Gelenke liegen parallel zueinander

– Die rechten Winkel sorgen für hohe Stabilität und Beständigkeit im System.

 

Mit diesem Modell können wir Rückschlüsse auf die Funktionalität des Körpers schließen. Eine verminderte Beweglichkeit in einem der Gelenke kann sich so auf das komplette System auswirken. So kann sich zum Beispiel eine eingeschränkte Beweglichkeit der Sprunggelenke auf die Knie, die Hüfte bis hoch zu den Schultern auswirken. Befindet sich ein Gelenk außerhalb des Lots, so wirkt es sich zwangsläufig über kurz oder lang auf andere Gelenke und damit auf die komplette Funktionalität des Körpers aus. Liegen unsere Gelenksbahnen nicht mehr rechtwinklig zueinander, so entstehen Probleme. Bewegungseinschränkungen bis hin zu strukturellen Schädigungen sind die Folge.

 

Wir sind bilaterale Wesen

Das vorgestellte Körper-Modell zeigt, dass wir bilateral funktionieren. Wir besitzen zwei Hände, Arme, Schultergelenke, Kniegelenke und so weiter. Aus diesem Grund sollten bei Aussagen wie „Mein rechtes Bein ist 1cm länger als mein linkes Bein“ die Alarmglocken läuten. Denn pathologisch ist dies tatsächlich nur bei weniger als 1% der Menschen der Fall. Viel wahrscheinlicher ist, dass die Zugbahnen aus dem Lot geraten sind. Dies kann zum Beispiel durch eine Problematik in der Hüfte zurückzuführen sein. Vielleicht verlagert die Person das Gewicht unbewusst mehr auf die linke als auf die rechte Seite. Oder das linke Sprunggelenk ist eingeschränkt und sorgt so für eine inkorrekte Kraftübertragung beim Gehen, was sich wiederum auf die Hüfte auswirken kann. Wir sollten rausfinden woher diese Problematik kommt.

 

Bewegung ist Leben

Unser gesamter Körper ist für Bewegung ausgelegt. Muskulatur, welche nicht regelmäßig aktiviert wird, atrophiert. Muskulatur wird bei Nichtbenutzung also nicht erhalten, sondern abgebaut.

Das Problem: Werden atrophierte Muskeln schließlich doch benötigt (zum Beispiel für einen spontanen Sprint zum Bus), so „leiht“ sich der Körper einen anderen Muskel um die  Aufgabe verrichten zu können. Durch diese Funktion werden Muskeln Aufgaben gestellt, für die sich nicht geeignet sind. Dies kann zu veränderten Kraftübertragungen führen.

Die Folge: Überlastung und Verletzungen.

 

Wo die moderne Medizin versagt

Lange Zeit in der Geschichte der Menschheit mussten sich Arzt und Patient auf die äußeren körperlichen Anzeichen von Verletzungen konzentrieren. Beobachtungen wie ein schlecht ausgerichtetes Knie, eine rotierte Hüfte oder eine hochgezogene Schulter gaben Auskunft darüber, dass etwas nicht im Lot ist. Heutzutage wird schnell geröntgt, Knorpel überprüft und andere Diagnosen gestellt, anstatt zu überprüfen woher die strukturellen Schäden überhaupt kommen. Größtenteils sind es muskuläre Probleme, die zu dauerhaften strukturellen Schäden führen. Das größte Problem heutzutage ist: Es werden Symptome behandelt, nicht Ursachen. Schmerzen werden gerne mit Tabletten „mundtot“ gemacht, Bandagen und Einlagen verschrieben um den Körper wieder in die richtige Position zu zwingen bzw. die Gelenke zu entlasten und, desweiteren, ganze Gelenke im extremsten Fall durch künstliche Gelenke ersetzt.

Die soll natürlich nicht heißen, dass bildgebende Verfahren Unnütz oder gefährlich sind. Natürlich macht es Sinn zu überprüfen ob struktureller Schaden entstanden ist. Allerdings sollten wir uns immer die Frage stellen: Woher kommt dieser Schaden? Und macht es Sinn die verletzte Struktur ruhig zu stellen oder sie mit Bewegung zu beanspruchen?

 

Ursachen- nicht Problembehandlung

Unser Ziel sollte sein die Ursache für das Problem zu behandeln, nicht das Problem selbst. Im folgenden pratkischen Teil arbeiten wir an der Position der Sprunggelenke, richten unsere Hüfte neu aus und schaffen damit optimale Verhältnisse für unsere Knie. Zudem bringen wir die Zuglinien der Schultern und der Hüfte in Einklang. Wir arbeiten mit einem ganzheitlichen Modell: Der sogenannten „Egoscue Methode“.

 

Die Praxis

Das folgende Video führt durch die einzelnen Übungen. Wir beginnen mit den Sprunggelenken, der Basis für eine gute Haltung und hohe Performance. Schritt für Schritt arbeiten wir uns dann bis zu den Schultern. Wir arbeiten konzentriert und mit kontrollierten Bewegungen. Im besten Fall führen wir die Übungen morgens nach dem Aufstehen aus, so dass wir für den Tag optimal vorbereitet sind. Da wir hier größtenteils statisch arbeiten, sollten wir darauf verzichten die Übungen direkt vor dem Training auszuführen. Viele der Übungen aktivieren zudem den Parasympathikus und wirken entspannend. Dies wirkt für die meisten Sportarten eher kontraproduktiv. Nach dem Training können die Übungen helfen die Regernation einzuleiten und den Körper zu entspannen.

 

 

Übersicht

 

Die Sprunggelenke

Foot Circles (30x) & Point Flexes (20x)

Diese Übung stellt die Beweglichkeit der Sprunggelenke wieder her und stärkt die Muskeln des Fußes, welche für die Extension und Flexion verantwortlich sind.

Gravity Drop (3min)

Diese Übung stellt die Verbindung von den Füßen bis hin zu den Schultern wieder her und sorgt für die Ausrichtung der Zugbahnen.

 

Die Knie

Standing Gluteal Contractions (3 sets of 20 reps, each)

Diese Übung dient der Reaktivierung der Gesäßmuskulatur.

Sitting Floor (5min)

Diese Übung stellt, wie der Gravity Drop, die Verbindung zwischen Schultern, Hüfte, Knie und Sprunggelenken wieder her.

 

Die Hüfte

Static Back Press (10min)

Wir möchten mit dieser Übung die Hüfte wieder auf eine Parallellinie bringen.

Supine Groin Stretch (10min per side)

Wir arbeiten hier an der Flexion und Extension der Hüftmuskulatur und involvieren Ab- und Adduktoren. Eine Stütze im Nacken kann die Position etwas angenehmer machen.

 

Die Schultern

Pullovers (15x)

Diese Übung verbessert das „Ball&Socket“ – Zusammenspiel der Schultern.

Floor Block I-Y-T (one minute each)

Durch die I-Y-T-Positionen bringen wir die Schultern Schritt für Schritt durch ihren Full-Range-Of-Motion.

 

Zusammenfassung

Das hier vorgestellte Modell zeigt die Zusammenhänge zwischen unseren großen Gelenken und verdeutlicht die Wichtigkeit der bilateralen Ausrichtung. Mithilfe der vorgestellten Übungsreihe lassen sich eine Vielzahl an Einschränkungen beheben, welche durch unser Training und Alltag entstehen können. Wir möchten dabei vermehrt die Ursache der Problematik behandeln, nicht das Problem selbst. Sofern wir die Ursache des Problems erkennen und diese beseitigen können, so ist es uns möglich langfristig unsere Performance in Training und Alltag zu erhalten und weiter auszubauen. Wir bleiben gesund und schmerzfrei.

 

Euer Benjamin Heizmann

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Ein bisschen Anatomie – von Gelenken und Umkehrpunkten

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Im Lauf der Zeit kommt es bei vielen Menschen oft zur Abnutzung von Gelenken, zur Einschränkung der Beweglichkeit infolge einer Verletzung, einer Gelenkfehlstellung oder muskulären Dysbalancen. Ein sehr häufiges Phänomen ist das Impingementsyndrom, eine schmerzhafte Funktionsbeeinträchtigung in der Schulter. Aber auch Hüft- und Kniegelenks- sowie Rückenprobleme sind keine Seltenheit. Deshalb wurde der zum Beispiel Schlingentrainer als erstes auch in der Physiotherapie als geniales Gerät zur sanften Behandlung von zahlreichen Gelenksproblemen eingesetzt.

Das Therapiegerät hat mehrere breite Schlaufen, um dem Patienten eine möglichst große Auflagefläche zu bieten, in der ein bequemes und schonendes Hängen möglich ist. Je nach Krankheitsbild können beim therapeutischen Schlingentrainer die Schlaufen sehr variabel eingesetzt und dem Patienten angepasst werden.

Der Schlingentrainer, wie wir ihn kennen, ist für sportliche Zwecke weiterentwickelt worden und eigentlich für gesunde Menschen gedacht. Trotzdem gilt auch hier: Sei bei allen Übungen – egal, ob beim Training an Geräten, mit freien Gewichten oder am Schlingentrainer – stets vorsichtig, selbst wenn bei dir die genannten körperlichen Einschränkungen noch nicht oder noch nicht akut zutreffen sollten. Sollte das doch der Fall sein, kläre am besten vorher mit deinem Arzt oder Therapeuten, welches Training und welche Übungen für dich am geeignetsten sind.

 

Eine häufige Erkrankung: das Impingementsyndrom

Unser Schultergelenk ist neben dem Kniegelenk eines der beweglichsten Gelenke in unserem Körper – und deshalb leider auch sehr anfällig. In diesem Zusammenhang haben Sie bestimmt schon einmal vom sogenannten Impingementsyndrom gehört, eine der häufigsten Erkrankungen im Schulterbereich. Oder besser gesagt: Es ist eine schmerzhafte Funktionsstörung der Schulter. Die Ursache ist oft auf den Platzmangel zwischen Oberarmkopf und Schulterdach – also dort, wo das Ende des Oberarmknochens auf das Schultergelenk trifft – zurückzuführen. Durch Überbelastung, zum Beispiel bei der Ausübung von Überkopfsportarten wie Schwimmen oder Volleyball, aber auch durch Verschleiß, insbesondere mit zunehmendem Alter, kann es in diesem Engpass zu Entzündungen des Schleimbeutels oder der Sehnen kommen.

Betroffene äußern starke Schmerzen, beispielsweise beim Anziehen eines Pullovers oder beim Waschen, vor allem beim Anheben des Arms. Egal, ob der Arm nach vorn oder zur Seite angehoben wird – jeder Winkel über Schulterhöhe beziehungsweise zwischen 60 und 120 Grad löst Schmerzen aus. Im schlimmsten Fall kann die degenerative Veränderung so weit gehen, dass es zum Abriss einer oder mehrerer Sehnen, am häufigsten der Supraspinatussehne, kommt.

In Bezug auf das Syndrom taucht oft die Bezeichnung Rotatorenmanschette auf. Sie besteht aus den vier Schultermuskeln (M. infraspinatus, M. supraspinatus, M. subscapularis, M. teres minor) und einem starken Band, das sich aus den Sehnen dieser Muskeln zusammensetzt und das Schultergelenk umschließt und stabilisiert. Mit einer gezielten Kräftigung der Rotatorenmanschette kann dem Impingementsyndrom entgegengewirkt werden. Ziel dieses Trainings ist es, die Muskulatur so zu kräftigen, dass wieder mehr Platz zwischen Oberarmkopf und Schulterdach besteht. Das erfordert jedoch therapeutisches Hintergrundwissen und kann bei einer falschen Herangehensweise die Problematik des Engpasses sogar verstärken.

Der Schlingentrainer kann bei spezifischen Beschwerdebildern, wie dem eines Impingementsyndroms, eingesetzt werden. Jedoch erfordert der Einsatz der Schlingen im rehabilitativen Bereich viel Fingerspitzengefühl des Therapeuten für die Intensitätssteuerung. Auch der Patient sollte ein gewisses Körpergefühl mitbringen. Sollten diese Voraussetzungen nicht gegeben sein, gibt es andere Möglichkeiten eines rehabilitativen Trainings, etwa mit Hanteln, Seilzug oder Therabändern. Dein Therapeut weiß am besten, welche Form für dich geeignet ist.

Zurück zu unseren Gelenken. Viele Begriffe aus dem medizinischen Bereich sind auch in der Sportwelt geläufig. Sie müssen nicht gleich zum Anatomieexperten werden, aber ein paar von diesen Begriffen sollten Sie zumindest schon einmal gehört haben und deren Bedeutung kennen.

 

Legen wir los mit den Gelenkstellungen:

Flexion: Hier findet grundsätzlich die Beugung eines Gelenks statt, beispielsweise beim Anwinkeln des Ellbogens oder des Knies.

Extension: Sie ist das Gegenteil der Flexion, nämlich die Streckung eines Gelenks.

Abduktion: Immer wenn Sie ein Bein oder einen Arm von Ihrem Körper wegbewegen oder abspreizen, spricht man von der Abduktion.

Adduktion: Sie ist das Gegenteil der Abduktion. Hier führen Sie die Extremitäten (Arme oder Beine) zum Körper heran.

Rotation: Ein Synonym wäre Drehung. Gelenke rotieren hier um ihre eigene Achse. Sie rotieren beispielsweise Ihren Kopf, wenn Sie Ihn zur Seite drehen, oder Ihre Wirbelsäule, wenn Sie den Oberkörper drehen. Auch eine Rotation der Schulter ist möglich, wenn Sie sie nach außen drehen (Außenrotation) oder nach innen (Innenrotation).

Pronation: Sie beschreibt ganz einfach eine von zwei Handstellungen. Wenn Sie die Arme nach vorn anheben und dabei die Handflächen nach unten drehen, sind Ihre Hände in einer pronierten Position. Sie ist vergleichbar mit dem Obergriff, bei dem Sie zum Beispiel eine Hantel oder auch die Haltegriffe des Schlingentrainers von oben greifen.

Supination: Sie ist das Gegenteil der Pronation. Die Handflächen zeigen nach oben. Diese Position ist vergleichbar mit dem Untergriff, bei dem Sie die Haltegriffe oder eine Hantel von unten greifen.

Hammergriff: Hier zeigen die Handflächen zueinander. So werden Sie sehr oft die Haltegriffe des Schlingentrainers greifen.

 

Weiter geht es mit den wichtigsten Begriffen, die die Muskeln betreffen:

Kontraktion: Hier zieht sich der Muskel zusammen, er verkürzt sich. Das geschieht immer, wenn Sie einen Muskel anspannen, und dafür müssen Sie meist ein Gelenk beugen, zum Beispiel beim Bizeps-Curl. Wenn Sie den Ellbogen beugen, kontrahiert der Armbeuger (M. biceps brachii), kurz: Bizeps.

Relaxation: Sie ist das Gegenteil der Kontraktion. Der Muskel wird wieder in seine ursprüngliche Form gebracht, er entspannt sich. Das Nachgeben beim Krafttraining wird auch als exzentrische Phase bezeichnet, im Gegensatz zur konzentrischen Phase.

Agonist: Übersetzt ist das der sogenannte Spieler, das heißt, ein Muskel, den Sie mit einer Übung trainieren, zum Beispiel den Bizeps.

Synergist: Er unterstützt den Agonist bei seiner Arbeit.

Antagonist: Jeder Spieler hat auch einen Gegenspieler. Damit wird der gegenüberliegende Muskel des Spielers bezeichnet. Beim Bizeps wäre es der Armstrecker (M. triceps brachii), der Armmuskel auf der Oberarmrückseite, kurz: Trizeps.

Rotatorenmanschette: Dieser Begriff ist bereits beim Impingementsyndrom aufgetaucht und bezeichnet eigentlich eine Platte aus Sehnen und Muskeln, die das Schultergelenk umfasst.

Ischiokrurale Muskulatur: Zu ihr gehört eine Gruppe von Muskeln auf der Oberschenkelrückseite, und zwar der Beinbeuger (M. biceps femoris), der Halbsehnenmuskel (M. semitendinosus) und der halbmembranöse Muskel (M. semimembranosus), die wiederum aus mehreren Anteilen bestehen.

 

Vorsicht am Umkehrpunkt

Wie beim herkömmlichen Krafttraining gibt es auch beim Schlingentraining Übungen, die Sie besonders vorsichtig ausführen sollten. Hauptsächlich in den Umkehr-punkten der Bewegung kann es zu sehr großen Drehmomenten kommen, zum Beispiel wenn Sie die gestreckten Arme gegen einen Widerstand über Kopf führen, wie beim Strecken im Stand (S. 112). Das größte Drehmoment findet hier im Schultergelenk statt, zum einen durch den langen Hebelarm, zum anderen durch die große Kraft, die am Hebelarm in Richtung der Schlingen ansetzt. Diese Kraft wird umso stärker, je mehr der Körper nach vorn geneigt ist. Der Umkehrpunkt ist die Endposition der Bewegung, also die gestreckten Arme über Kopf. Kann jetzt von der Rückenmuskulatur nicht genügend Kraft aufgebracht werden, um die Gegen-bewegung einzuleiten, kann das Schultergelenk überstreckt werden und somit eine Verletzung die Folge sein. Sie können bei Übungen, die ein solch großes Drehmoment beinhalten, gegensteuern, indem Sie ganz einfach einen kleineren Bewegungsradius nutzen, der für Sie noch gut kontrollierbar ist. So minimieren Sie das Verletzungsrisiko bereits um ein Vielfaches. Zusätzlich haben Sie bei zahlreichen Übungen die Möglichkeit, eine versetzte Fußposition einzunehmen, die Ihnen zusätzlich
Sicherheit gewährleistet.

Eigentlich müssten wir diese Betrachtung für jedes Gelenk in den Umkehrpunkten durchführen. Das ginge aber zu weit. Ich möchte Sie hiermit lediglich dafür sensibilisieren, die Übungen stets bewusst, kontrolliert und technisch sauber auszuführen.

 

Atmen – aber richtig!

Auch wenn wir die Atmung als selbstverständlich betrachten, so spielt Sie bei jedem Training doch eine wichtige Rolle: Sie kann die Muskelkontraktion unterstützen. Einsteiger sollten die Atmung jedoch vorerst nicht berücksichtigen und sich zu Beginn auf die Technik konzentrieren. Mit mehr Trainingssicherheit ist auch die richtige Atmung kein Problem.

Merken Sie sich als Faustformel, dass Sie beim Krafttraining immer dann ausatmen, wenn Sie das Trainingsgewicht – beim Schlingentraining ist es das eigene Körpergewicht – überwinden, und einatmen, wenn Sie dieses ablassen. Somit findet das Einatmen in der exzentrischen Phase und das Ausatmen in der konzentrischen Phase statt. Jedes Mal, wenn Sie Ihren Körper anheben, atmen Sie also aus. Beim Rudern an den Schlingen beispielsweise atmen Sie beim Hochziehen aus, da Sie sich gegen den Widerstand des Körpers nach oben ziehen müssen. Wenn Sie mit Gewichten – auch mit dem eigenen Körpergewicht – trainieren, ist es hilfreich, über den Mund auszuatmen. Beim Einatmen können Sie durch Nase oder Mund atmen. Bei statischen Übungen, wie dem Unterarmstütz (S. 87), gibt es diese zwei Phasen nicht. Lassen Sie hier Ihren Atem ruhig und gleichmäßig fließen.

Vor allem beim Krafttraining mit schweren Gewichten, aber auch bei anspruchsvollen Übungen am Schlingentrainer, besteht die Gefahr der Pressatmung. Dabei wird während der Belastung, also beim Ausatmen, die Luft angehalten. Der Druck auf den Brustkorb steigt, somit auch auf das Herz und der Blutdruck erhöht sich. Versuchen Sie, diese Atemtechnik so gut es geht zu vermeiden. Wer Bluthochdruck, eine Herzschwäche oder ähnliche Vorschädigungen hat sowie für ältere Menschen ist diese Atmung zu riskant. Sie ist nur für gesunde, junge Menschen sinnvoll und unproblematisch. Wer sie dennoch ausprobieren möchte, kann eine abgeschwächte Form anwenden: Öffnen Sie beim Ausatmen nur ganz leicht den Mund und versuchen Sie, die Luft zwischen Ihren Lippen herauszupressen, aber keinesfalls den Atem anzuhalten.

Euer Marcel Doll

Auszug aus „Das ultimative Schlingentraining“

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Wie stelle ich meine Gesundheit wieder her?

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Erfahre hier mehr über das Trainingsprogramm von Steve Maxwell

 

Dies wird das ungewöhnlichste Training sein, das du jemals absolviert hast. Ich muss dein Fundament von Grund auf neu errichten. Übungen mit schweren Gewichten machen nur dann Sinn, wenn deine Bewegungsmuster passen. Schlechte Bewegungen, noch dazu unter Last, machen alles nur schlimmer. Kehren wir also zu unseren Wurzeln zurück – zu unserer ursprünglichen Kraft. Stretching oder Yoga verbessert die Bewegungsfähigkeit nicht unbedingt.

Leider schadet modernes Hatha-Yoga oft mehr als es nützt. Es hat sich zu einer Art Akrobatik entwickelt. Viele Übende sind gelenkig, aber schwach. Ich habe nichts gegen Hatha-Yoga an sich, sondern nur etwas gegen seine moderne Interpretation.

 

Das vestibuläre System

Das vestibuläre System, das bei den meisten Säugetieren für die Balance und räumliche Orientierung sorgt, ist das sensorische System, das den größten Beitrag zur Bewegung und zum Erhalt des Gleichgewichts leistet. Gemeinsam mit der Hörschnecke (Cochlea) bildet es das sogenannte „Labyrinth“ im Innenohr.

Da Bewegungen aus Rotationen und Translationen bestehen, setzt sich das vestibuläre System aus zwei Komponenten zusammen: den Bogengängen, die Rotationsbewegungen feststellen und regulieren; und den Statolithen, die die Wahrnehmung linearer Beschleunigung ermöglichen. Das vestibuläre System sendet Signale an die Nervenstrukturen, welche die Augenbewegungen steuern, und an die Muskeln, die dafür sorgen, dass das Lebewesen aufrecht stehen bleibt und nicht umkippt.

Weil die meisten Menschen heutzutage ihren Alltag überwiegend im Sitzen verbringen, verlieren sie ihre Fähigkeit wahrzunehmen, wo sie sich im Raum befinden und wie sie sich bewegen. Selbst ambitionierte Sportler verbringen tagtäglich mehr Zeit im Sitzen als in Bewegung.

Alle Bewegungsmuster, die nicht regelmäßig genutzt werden, verwirft das Gehirn gleich wieder. Dies führt mit der Zeit zu einem Teufelskreis: Man kann sich nicht so gut bewegen, weil man sich nicht so gut bewegt. Wenn du deine Fähigkeiten nicht ständig pflegst, verlierst du sie. Wenn du eine Stunde lang trainierst, heißt das letztendlich, dass du die übrigen 23 Stunden am Tag entweder sitzt, liegst oder untätig herumstehst. Dein Körper passt sich an das an, was er überwiegend tut. Selbst wenn du viel auf den Beinen bist, heißt das nicht zwangsläufig, dass du dich deshalb gut bewegst.

Du kannst allerdings mithilfe frühkindlicher Bewegungsmuster ein Reset vornehmen und diesen Prozess umkehren.

Indem du ursprüngliche Bewegungsmuster neu erlernst (ursprüngliche Kraft), kannst du geschmeidig, wendig, stärker und athletisch werden. Die grundlegenden Bewegungsmuster (Rollen und Robben) regen das Gehirn hin, es bilden sich neue Nervenbahnen und der Körper erlangt seine alte Fähigkeit zurück, sich frei zu bewegen. Klingt beinahe zu einfach, um wahr zu sein.

Ich stelle fest, dass diese Muster zur Reduktion von Schmerzen, chronisch hoher Muskelspannung und Immobilität wichtiger und effektiver sind als die Gelenkmobilität. Diese Bewegungen machen dich außerdem klüger: du verbesserst dein Erinnerungs-, Lese- und Konzentrationsvermögen.

Weil du so lange sitzt, hast du viele grundlegende Bewegungsmuster verlernt – statisches Yoga ist in diesem Zusammenhang keine große Hilfe.

Die Bewegungsmuster, die du hast, sind unzureichend. Wenn du versuchst, schlechte Bewegungsmuster mit schweren Gewichten zu kombinieren (Kettlebells), verschärft sich die Situation. Du musst zu den Wurzeln zurückkehren und gute Bewegungen in dein System programmieren, bevor du dich längeren Kraft- und Konditionseinheiten unterziehst. Beruhen deine Kraftübungen auf schlechten Bewegungsmustern, ist das so, als würdest du dein Haus auf Sand bauen.

Damit du dich wieder ungehindert und schmerzfrei bewegen kannst, schlage ich vor, zu den allerersten Kraftübungen zurückzukehren, die du als Baby und Kleinkind ganz von selbst gemacht hast.

 

Reset-Training

Ich experimentiere nun schon seit einiger Zeit und teste ein Programm, um einen vestibulären Reset zu erzielen. Im Grunde orientiert man sich dabei an den Bewegungsmustern von Babys. Das klingt einfach und vielleicht sogar ein wenig albern, aber ich verspreche dir, du wirst deine Schmerzen los und tust mehr für deine Haltung als mit herkömmlichen Übungen zur Verbesserung der Gelenkmobilität. Obwohl es ja auch eine Form von Gelenkmobilität ist. Ich nenne es das „Baby-Training“.

Bewegungen stimulieren das Zentralnervensystem. Sie stellen eine Verbindung zwischen Gehirn und Muskeln her. Sie bilden die Grundlage für alle sportspezifischen Bewegungsmuster. Diese Bewegungen werden von manchen Leuten als Original Strength bezeichnet, als „ursprüngliche Kraft“. Sie tragen zur Entwicklung einer Kraft bei, die man mit Calisthenics oder Hanteltraining nicht aufbauen kann. Sie fördern zudem die Auffassungsgabe. Das menschliche Gehirn lernt durch Bewegungen. Die Fähigkeit zu lesen, sich an Dinge zu erinnern und Probleme zu lösen verbessert sich, weil das Gehirn durch diese Übungen gezwungen wird, sich anzustrengen und mehr zu leisten.

Ich leide seit Jahren an chronischen Verspannungen und Schmerzen im Bereich der Brustwirbelsäule. Mobilitäts- und Atemübungen haben nie langfristig geholfen. Nach einigen Wochen Baby-Training war mein Rücken so frei und entspannt wie schon lange nicht mehr. Die Übungen sind so einfach oder kompliziert wie du sie gestaltest. Sie können leicht oder so schwer sein, dass selbst Leistungssportler an ihre Grenzen stoßen können.

Ich habe diese Übungen schon überall auf der Welt gemacht: in Hotelzimmern, auf Hotelfluren, auf dem Fußballfeld und am Strand.

Probiere dieses Programm aus. Ich absolviere es jeden Tag in der einen oder anderen Form. Ich lasse auch einmal mein iPad liegen und mache das Beckenschieben, Marschieren am Platz und Krabbeln als Reset, um das Sitzen auf einem Stuhl auszugleichen.

 

  1. ROLLEN von einer Seite zur anderen (von Rücken- in Bauchlage und wieder in Rückenlage). Wiederhole jedes Rollen auf beiden Seiten jeweils 8 Mal (insgesamt 16 Wiederholungen).
    1. Rollen mit Arm, Bein und Kopf
    2. Rollen nur mit Arm und Kopf
    3. Rollen nur mit dem Bein
    4. Rollen nur mit dem Kopf (ohne Zuhilfenahme der Arme oder Beine)

 

Fortgeschrittene Varianten:

  1. Rolle dich über den Boden, ohne diesen mit den Armen, Beinen oder den Kopf zu berühren!
  2. „Schweres Rollen“ (Hard Roll) – rolle dich ohne Zuhilfenahme der Hände und Füße aus der Rückenlage nach links bzw. rechts, während Ellbogen und gegenüberliegendes Knie in ständigem Kontakt sind. Eine sehr anspruchsvolle Übung!
  3. Rolle dich über den Boden; nehme in der Ausgangsposition eine Bauchlage ein und halte die Fußgelenke mit den Händen fest.

 

  1. ROBBEN (Commando Crawl) – Krieche insgesamt 3 Minuten lang dicht am Boden und bewege dich vorwärts und rückwärts.
    1. Robbe mit gegengleichen Arm- und Beinbewegungen vorwärts; setze dabei deine Unterarme und Oberschenkel ein. Halte die Hüften unten und Kopf und Brust oben.
    2. Robbe mit gegengleichen Arm- und Beinbewegungen rückwärts; setze dabei deine Unterarme und Oberschenkel ein. Halte die Hüften unten und Kopf und Brust oben.

 

    1. BECKENSCHIEBEN (Rocking) – 16 Wiederholungen von jeder Variante.
      1. Gehe in den Vierfüßlerstand und stütze dich mit den Händen und Knien ab. Schiebe das Becken erst zurück und dann ganz vor (Kopf oben, Gesäß zu den Fersen und nach vorne, bis die Hüften den Boden berühren).
      2. Gehe in den Vierfüßlerstand und stütze dich mit den Ellbogen und Knien ab. Schiebe das Becken erst zurück und dann ganz vor (Hüften zu den Fersen und Hüften zum Boden).
      3. Gehe in den Vierfüßlerstand und stütze dich mit den Händen und Füßen ab (Zehen aufgestellt). Schiebe das Becken erst zurück und dann ganz vor, ohne die Knie zu benutzen (Kopf oben, Gesäß zu den Fersen und Hüften zum Boden, ohne die Hände zu bewegen).

 

    1. KRABBELN auf den Händen und Knien – eine Minute in jede Richtung
      1. Krabble vorwärts und achte auf eine koordinierte, gegengleiche Bewegung von Hand und Knie.
      2. Krabble rückwärts und achte auf eine koordinierte, gegengleiche Bewegung von Hand und Knie.
      3. Krabble nach links und rechts.
      4. Krabble in einem engen Quadrat. Viermal vorwärts, viermal rückwärts, viermal links … und jetzt umgekehrt. Mal etwas zum Nachdenken …

 

    1. SCHWIERIGERES KRABBELN:
      1. LEOPARD CRAWL – beinahe identisch zum KRABBELN (Punkt 4), nur dass die Knie den Boden nicht berühren und die Hüften und Schultern auf einer Höhe sind. Der Kopf bleibt oben, das Brustbein ist nach vorne geschoben. Mache zuerst kleine Schritte … so arbeitet jeder Muskel im Körper. Setze diese Übung eine Minute lang fort … und schließe eine weitere Minute im Rückwärtsgang an. Achte auf eine gegengleiche, simultane Bewegung der Arme und Beine.
      2. SEITWÄRTS KRABBELN (schwer koordinierbar) – Knie zusammen, Hände auseinander; dann wechseln, also: Knie auseinander, Hände zusammen. Gegengleiche Hand- und Kniebewegungen. Viele finden dieses Muster sehr anspruchsvoll. Aber darum geht es beim Reset schließlich. Es regt das Gehirn an. Peile wieder eine Minute pro Seite an …
      3. SPIDERMAN CRAWL – die ultimative Herausforderung. Diese Version unterscheidet sich insofern vom Bear Crawl, als die Hüften tiefer als die Schultern sind und Kopf und Brust aufrecht bleiben. Beim leichteren Bear Crawl sind die Hüften auf derselben Höhe wie die Schultern oder höher. Ich halte mittlerweile nicht mehr so viel vom Bear Crawl, weil man sich bei dieser Übung leicht schlechte Dinge angewöhnt. Der Spiderman Crawl ist sehr anspruchsvoll und wird deine Fitness enorm verbessern. Fange mit einer Minute an und steigere dich allmählich. Dein Ziel sollte es sein, 5 Minuten am Stück zu schaffen. Steigere dich täglich um einige Sekunden.

 

  1. MARSCHIEREN
    1. Das ist ein toller vestibulärer Reset. Erstaunlicherweise fällt diese Übung unter die Rubrik Cardio. Achte darauf, deinen Körper aufrecht zu halten und die Arme und Beine gegengleich zu bewegen. Die hintere Hand bewegt sich so weit zurück, als würdest du in die Gesäßtasche greifen wollen. Der Oberschenkel sollte in der oberen Endposition auf Taillenhöhe sein. Der Fußballen setzt zuerst auf, dann die Ferse. Das ist eine hervorragende Übung für das Barfußlaufen. Wiederhole diesen Bewegungsablauf mindestens 100 Mal und verwende so viele Sätze wie nötig …
    2. Knie zum Ellbogen im Stehen – verschränke die Hände hinter dem Kopf und versuche, Ellbogen und Knie der Gegenseite vor dem Körper zusammenzubringen. Wenn du das nicht schaffst, ist das nicht weiter problematisch. Versuche nur, sie einander möglichst anzunähern.

Beende dein Workout mit 30 Minuten Walking Breathing Ladders mit Einatmen durch die Nase.

 

Walking Breathing Ladder

Eine Breathing Ladder (Atemleiter) ist eine Übung zur Verbesserung der Lungenkapazität. Sie vermittelt eine effiziente Atmung und Entspannung. Breathing Ladders helfen dabei, im Körper übermäßige Muskelanspannung und Stress abzubauen. Sie bringen dir auch bei, aufsteigende Panik zu kontrollieren, wenn du unter Sauerstoffmangel leidest. Betrachte die Breathing Ladder nicht als normales Workout. Du versuchst nicht, etwas damit zu erschaffen. Du löst dich von Anspannungen und der Vorstellung, irgendetwas tun zu müssen. Sie zählen zu den besten Dingen, die du für deine Gesundheit tun kannst. Sie sind sehr erholsam und versorgen deinen ganzen Körper mit Sauerstoff.

Das Einatmen erfolgt ausschließlich durch die Nase, das Ausatmen durch den Mund. Halte den Mund geschlossen und die Lippen zusammengepresst. Die Luft strömt heraus, aber nicht herein. Presse die Zunge während der Übung gegen den Gaumen. Es empfiehlt sich, grundsätzlich so zu trainieren. Manche Leute atmen gerne nur durch die Nase ein und aus. Auch das ist in Ordnung.

Passe deine Schritte an die Atemzüge an, und erklimme jede Minute die nächste Leitersprosse, das heißt: atme nach 60 Sekunden jeweils einen Schritt länger ein bzw. aus. Steigere dich so weit, bis du einen Anflug von Panik spürst, aber halte die Luft nicht an, um weitere Schritte zu schaffen. Das Luftvolumen sollte immer gleich sein – ob du einen Schritt machst oder zehn Schritte. Verwende immer dasselbe Luftvolumen. Das geht nicht ohne Disziplin.

Beispiel:

Erste Minute – 1 Schritt einatmen / 1 Schritt ausatmen

Zweite Minute – 2 Schritte einatmen / 2 Schritte ausatmen

Dritte Minute – 3 Schritte einatmen / 3 Schritte ausatmen

Vierte Minute – 4 Schritte einatmen / 4 Schritte ausatmen usw.

Lege so viele Schritte wie möglich zurück ohne durch den Mund zu atmen, die Luft anzuhalten oder das Luftvolumen zu erhöhen. Manche Leute arbeiten sich auf 20 Schritte und mehr hoch, ohne Stress zu verspüren. Wenn du an dein Limit kommst, musst du darauf achten, dass du die Schlüsselbeine nicht anhebst und zu stark einatmest. Ziehe die Luft in den Bauch- und dann in den Brustraum. Früher oder später wirst du unter Stress geraten. Beobachte dieses Phänomen einfach und lass es auf dich einwirken. Stelle einen Entspannungszustand wieder her, indem du schneller ein- und ausatmest.

Mit dieser Übung baust du eine enorme Lungenkapazität und Atemdisziplin auf.

Es ist sehr wichtig, nicht überehrgeizig zu werden und sich immer weiter steigern zu wollen. Lass deinen Körper den Level erreichen, zu dem er fähig ist. Der wird jeden Tag ein wenig anders sein. Es kann durchaus sein, dass du manchmal weit kommst, an anderen Tagen wird deine Atmung aber vielleicht nicht so effizient sein. Viel davon wird von deiner aktuellen mentalen Verfassung abhängig sein. Ein negativer Zustand wirkt sich ungünstig auf die Atmung aus.

 

Wie man die Schäden beheben kann, die durch Sitzen entstehen

Fange einfach damit an, dich so oft wie möglich auf den Boden zu setzen und zu legen. Vermeide Stühle möglichst. Benutze die 10 archetypischen Sitzhaltungen – das sind natürliche Haltungen, für die unser Körper geschaffen ist:

  1. Auf den Bauch liegend mit abgestützten Ellbogen (Sphinx)
  2. Hocke (flache Fußsohlen)
  3. Hocke mit einem aufgestellten Knie
  4. Knien (Gesäß auf Fersen, aufgestellte Zehen)
  5. Fersensitz (Gesäß auf Fersen, flach abgelegte Zehen)
  6. Schneidersitz (oben und unten liegendes Bein regelmäßig wechseln)
  7. Mit gerade nach vorne gestreckten Beinen
  8. Mit gespreizten Beinen
  9. Hürdensitz
  10. Seitenlage, Kopf auf der Hand abgestützt

Diese archetypischen Haltungen sind sehr wichtig – die meisten Erwachsenen tun sich mit der Zeit schwer damit, sich auf den Boden zu setzen oder zu legen, weil sich ihr Körper an das ständige Sitzen auf einem Stuhl gewöhnt hat.

Es ist zwar wichtig, in den oben genannten Positionen bequem zu sitzen, aber es ist genauso wichtig, sich aus dem Sitzen am Boden ohne Zuhilfenahme der Hände aufrichten zu können; übe daher das Aufstehen aus den archetypischen Sitzhaltungen, ohne die Hände zu benutzen: das ist schwieriger als es klingt.

Einer der Hauptunterschiede zwischen Jugendlichen und Senioren ist die Fähigkeit, sich mühelos vom Boden zu erheben, sich wieder zu setzen und die Sitzhaltung als angenehm zu empfinden.

Der Boden ist nur deshalb unbequem, weil sich der Körper an das Sitzen auf einem Stuhl gewöhnt hat. Als Kinder und Jugendliche haben wir uns gerne auf dem Boden aufgehalten. Selbst wenn du dich im Laufe des Tages nur hin und wieder kurz auf den Boden setzt, förderst du damit die Bewegungsfähigkeit und Einnahme einer gesunden Körperhaltung.

 

Euer Steve Maxwell

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Morgenroutine zur täglichen Gelenkspflege

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Unser Alltag schränkt uns in vielen Bewegungen ein und wir erreichen kaum noch das volle Bewegungsausmaß unserer Gelenke.  Die Folge davon: die Beweglichkeit verkümmert nach und nach und die Gesundheit unserer Gelenke leidet. Daher können Controlled Articular Rotations (CARs) oder kontrollierte Gelenkrotationen eingesetzt werden um die Fähigkeit unserer Gelenke zu erhalten. CARs sind von Dr. Andreo Spina (Begründer des FRC® Systems) als aktive Rotationsbewegungen am äußeren Rand unserer Gelenkbeweglichkeit definiert. Ihr Ziel liegt darin die Beweglichkeit zu erhalten oder sogar zu steigern, sowie die Gesundheit und Langlebigkeit der Gelenke zu erhöhen. Außerdem können sie zu Screening-Zwecken oder im Rehabilitationsprozess bestimmter Verletzungen eingesetzt werden.

 

Bewegung ist essentiell für unseren Körper

Bewegungen erzeugen Kräfte und Kräfte sind die „Sprache unserer Zellen“. Durch die Einwirkung von Kräften werden unsere Zellen dazu angeregt Gewebe umzuformen. Da wir unsere Bewegung eingeschränkt haben und dadurch die Kommunikation mit den Zellen nicht stattgefunden hat, schränkt unser Körper das ungenutzte Bewegungsausmaß ein. Diesen Prozess versuchen wir mit den CARs umzukehren. Außerdem ist Bewegung unheimlich wichtig für das Knorpelgewebe in unseren Gelenken. Da dieses Gewebe keine direkte Blutversorgung hat, bekommt es Nährstoffe nur durch Diffusion aus der Gelenkflüssigkeit. Die Entstehung, Bewegung und die Diffusion über die Gelenkflüssigkeit hängt wiederum von Bewegung und Druck ab. Um das gesamte Knorpelgewebe zu erreichen ist es sinnvoll Bewegungen über das komplette Bewegungsausmaß eines Gelenks durchzuführen.

Die Ausführungsweise der CARs spielt also eine wichtige Rolle. Durch die aktive Bewegung am äußeren Limit unserer Beweglichkeit bekommt unser Nervensystem maximales sensorisches Feedback des Gelenks. Im Gegensatz zum halten passiver Stretches arbeiten wir hier an der aktiven Kontrolle über unsere Beweglichkeit. Die Muskulatur welche das Gelenk zentriert und in Position hält wird gefordert und somit auch trainiert. Dadurch bekommen wir eine bessere Stabilität im jeweiligen Gelenk und verbessern unsere Wahrnehmung in welcher Position sich unser Gelenk befindet.

Außerdem lernen wir Gelenke voneinander zu trennen und sie unabhängig voneinander zu bewegen. In vielen Fällen fehlt uns diese Fähigkeit beim erlernen neuer Bewegungen, wie z.B. das Trennen von Hüft- und Wirbelsäulenbewegung im Hinge-Muster. Unser Ziel ist das größtmögliche Bewegungsausmaß zu erreichen ohne eine Bewegung anderer Gelenke. Durch das Konzept der Ausstrahlung versuchen wir diese Trennung zu ermöglichen. Wenn ein Muskel durch eine Kontraktion Spannung aufbaut, neigt die benachbarte Muskulatur auch zu einer Kontraktion. Durch den Aufbau einer Ganzkörper-Spannung minimieren wir Bewegung in den Gelenken die sich nicht bewegen sollten und geben unserem Nervensystem Sicherheit. Dadurch erlaubt uns unser Nervensystem überhaupt erst das gesamte Bewegungsausmaß des Gelenks auszunutzen. Eine Wiederholung sollte sich immer anfühlen als würde man gegen einen Widerstand ankämpfen und eine ziehende Bewegung durchführen. Die Vorstellung die Bewegung durch Wasser oder Matsch durchzuführen kann hierbei helfen. Die Intensität dieses Widerstands sollte mit der Zahl der Wiederholungen leicht ansteigen. Für die erste Wiederholung ca. 50% anpeilen und dann bis zur dritten Wiederholung auf 90% steigern.

 

Wann und wie sollte man CARs also durchführen?

Auch wenn sie hier als Morgenroutine vorgestellt werden, können CARs auch zu anderen Zeiten eingesetzt werden. Zum Beispiel als Teil eines Warmups, als aktive Pause zwischen Sätzen im Training oder als Teil einer Regenerationseinheit. CARs können in verschiedenen Intensitäten durchgeführt werden, je nachdem wie viel Spannung man für die Wiederholungen aufbaut. Als Morgenroutine sollten die Spannung und der aufgebaute Widerstand etwas niedriger sein, im Warmup etwas höher. Der Einsatz von externen Hilfsmitteln wie z.B. einer Wand bei den Schulter-CARs ist durchaus sinnvoll. Wiederholungszahlen von zwei bis drei langsamen kontrollierten Rotationen in beide Richtungen sind für eine Morgenroutine ausreichend. Zu Reha-Zwecken könnten auch deutlich mehr Wiederholungen gemacht werden.

 

Schmerzen?

Wenn ein Teil der Bewegung schmerzt, dann sollte dieser Teil ausgelassen werden. Auf keinen Fall durch den Schmerz durchkämpfen. Vorsichtig den schmerzvollen Teil der Bewegung herausfinden und dann die Bewegung außerhalb dieses Bereichs durchführen.

 

Euer Ole Foerster

 

 

 

 

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Bewegungsanalyse

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Analyse von fundamentalen Bewegungsmustern mit dem Functional Movement Screen (FMS), erfahre hier mehr dazu

 

Letztendlich ist es die Bewegung, die große Athleten auszeichnet. Bei Barry Sanders ist dies ganz sicher der Fall. Mit knapp 1,73m und 92kg hatte Barry für die NFL durchschnittliche Körpermaße. Viele zweifelten, ob er im harten Geschäft des Profifootballs würde überleben können. Barry verfügte jedoch über ein außergewöhnliches
Bewegungstalent. Er war kompakt und schnell. Seine perfekte Balance zwischen Körperkontrolle und Schnellkraft war beispielhaft. Das brachte seine Kritiker rasch zum Verstummen. Seine Karriere definierte sich folglich nicht über seine körperlichen Eigenschaften, sondern über sein Bewegungstalent.

Die moderne Wissenschaft lehrt uns, dass das Gehirn keine einzelnen Muskelaktivitäten wahrnimmt – das muss es auch gar nicht –, statt dessen betrachtet unser Gehirn komplette Bewegungsmuster und sorgt darüber für die Koordination zwischen allen für eine Bewegung erforderlichen Muskeln. Diese Koordination nennen wir ein Motorisches Programm.

Isolierter Muskelaufbau (Muskelaufbau durch isolierte Bewegungen wie Bizepscurls) spielt in der Entwicklung von motorischen Bewegungsmustern folglich keine große Rolle. Hier darf man Form nicht mit Funktion verwechseln. Krafttraining an einzelnen Muskeln ist beim Bodybuilding weit verbreitet, denn hier geht es um Form und nicht um Stärke. Muskelgröße und symmetrisches Erscheinungsbild sind das Ziel. Bei den meisten Sportarten ist jedoch die Bewegung das Wichtigste. Schnelligkeit, Koordination, Maximal- und Schnellkraft , Körperbeherrschung, Koordination und Ausdauer/Widerstandfähigkeit (Resilienz) sind die Schlüssel zum Erfolg. Ziel des Trainings ist nicht, das Aussehen des Körpers zu verändern, sondern seine Bewegungen zu verbessern.

Deshalb sollte das Training sich auch mehr auf Bewegungsmuster konzentrieren als auf einzelne Muskeln. Denn die Muskeln entwickeln sich automatisch, sobald an verschiedenen Bewegungsmustern gearbeitet wird, wodurch die meisten Athleten quasi von »alleine« so aussehen, als ob sie Bodybuilding betreiben würden. Der Fokus liegt bei ihnen jedoch auf der Bewegung an sich; die tolle äußere Form ist nur ein Nebenprodukt.

 

Viele Aktivitäten im Sport- und Fitnessbereich gründen auf denselben grundlegenden Bewegungsmustern

Das Werfen eines Handballs und der Aufschlag im Tennis beruhen auf denselben motorischen Programmen: Gewichtsverlagerung von einem Fuß auf den anderen und Drehung des Körpers, um die für das Werfen nötige Drehgeschwindigkeit in den Hüften und Schultern zu entwickeln und somit die eigentliche Wurfbewegung (die Armbewegung) zu beschleunigen. Golf und Baseball sind zwar sehr unterschiedliche Sportarten, beim Schlag mit einem Baseball- bzw. einem Golfschläger werden jedoch dieselben motorischen Programme angewandt, wenn die Energie aus einer Hüftdrehung zur Schulter und in den Schwungarm fließt. Unser Gehirn muss sich keineswegs Millionen unterschiedlicher Tätigkeiten und zugehöriger Bewegungsmuster merken, denn viele überschneiden sich und sind miteinander verbunden. Das spart Speicherplatz im Gehirn und ermöglicht schnellen Zugriff auf Bewegungsinformationen beim Erlernen und Weiterentwickeln von noch so unterschiedlichen Bewegungen.

Die Bewegungspyramide ist eine einfache schematische Darstellung, um menschliche Bewegung zu veranschaulichen und zu erklären. Sie besteht aus drei Rechtecken abnehmender Breite, die zeigen, wie die einzelnen Bewegungen aufeinander aufbauen. Jedes Rechteck verkörpert einen bestimmten Typ von Bewegungen. Die Pyramide muss immer von unten nach oben aufgebaut und nach oben hin schmaler werden. Die erste Stufe besteht aus den Grundlagen der Mobilität und Stabilität, in anderen Worten: der Fähigkeit, grundlegende Bewegungsmuster auszuführen. Hier ist noch nicht die Rede von tief gehender technischer Analyse jeder nur erdenklichen Bewegung. Aber auch diese Grundbewegungen werden bereits nach den Kategorien optimal, befriedigend oder fehlerbehaftet beurteilt.

Die zweite Stufe ist mit der Leistung verbunden. Sobald die grundlegende Fähigkeit zur Bewegung festgestellt wurde, rückt die Effi zienz der Bewegungen (Fertigkeit) in den Mittelpunkt der Beurteilung. Genauer gesagt: Es wird die allgemeine sportliche Leistungsfähigkeit beurteilt, die noch keine Aussage über die sportartspezifische Leistungsfähigkeit trifft (auch allgemeine Athletik genannt).

Der Squatjump (Hockstrecksprung) ist ein gutes Beispiel für einen Test der allgemeinen Athletik. Erstens, weil die Schwerkraft auf alle Körper gleich wirkt. Somit spielen die Körpermaße keine benachteiligende oder bevorzugende Rolle, wie es bei anderen Tests der Fall ist. Zweitens: Obwohl der Sprung in manchen Sportarten sehr wichtig ist (zum Beispiel bei Basketball und Volleyball), in manchen hingegen keinerlei Bedeutung hat (zum Beispiel beim Radfahren und Marathonlauf), so zeigt er trotzdem die Fähigkeit, allgemeine Kraft zu entwickeln.

Vom trainingstechnischen Standpunkt aus ist es sehr wichtig, Athleten verschiedener Sportarten über ein allgemeines Format vergleichen zu können. Die ersten beiden Stufen der Pyramide ermöglichen uns diesen Vergleich, wodurch die Athleten voneinander und aus den unterschiedlichen Trainingsprogrammen lernen können. Auf dieser Ebene der Pyramide soll keinesfalls sportartspezifisch getestet werden, denn dadurch würde die Vergleichbarkeit von Sportlern verschiedener Disziplinen negativ beeinträchtigt. Weiterhin ist es wichtig, auf dieser Ebene nicht zu viele Tests durchzuführen. Je mehr Tests, umso komplizierter kann die Interpretation werden. Schon einige wenige einfache Bewegungen werden zeigen, wie effizient ein Athlet bei seiner Kraftentfaltung ist.

Auf der letzten Stufe der Pyramide treffen wir auf die sportartspezifischen Fertigkeiten. Eine ganze Batterie an Tests dient der Bewertung der Fähigkeit, eine bestimmte sportartspezifische Bewegung auszuführen, an einer bestimmten Sportart teilzunehmen oder innerhalb einer Sportart eine bestimmte Position einzunehmen. Auf dieser Ebene berücksichtigen wir auch Wettkampfstatistiken und sämtliche spezifischen Tests, die mit dem betreffenden Sport in Verbindung stehen.

Zur Auswertung der Pyramide betrachten wir ihre Form. Es existieren vier grundlegende Pyramidenformen: die optimale Bewegungspyramide, die Pyramide mit zu hoher Kraftbetonung, die Pyramide mit Kraftdefizit und die Pyramide mit Technikdefizit. Selbstverständlich handelt es sich hier um einfache Verallgemeinerungen, die als Beispiele für die häufigsten Probleme dienen sollen, die im heutigen Sport zu beobachten sind.

 

Optimale Bewegungspyramide

Die optimale Bewegungspyramide besitzt einen breiten Sockel, einen leicht verjüngten Mittelteil und eine noch schmalere Spitze. Diese Pyramidenform steht für einen Athleten, der über eine angemessene oder gar optimale funktionelle Bewegungsfähigkeit verfügt. Er ist in der Lage, ein volles Spektrum an Bewegungen zu nutzen, und zeigt in zahlreichen unterschiedlichen Situationen eine gute Körperbeherrschung und ein exzellentes Bewegungsgefühl.

Daneben zeigt der Athlet die erforderlichen Kraftwerte. Im Vergleich zu statistischen Athletikwerten zeigt er durchschnittliche oder gar überdurchschnittliche allgemeine Kraftentfaltung. Bei mehrgelenkigen bzw. gekoppelten Bewegungsabläufen (›kinetic linking‹ – kinetische Verknüpfung/Kopplung) kommt ihm seine gute
Koordinationsfähigkeit entgegen. Das bedeutet, dass er während eines Tests, wie beispielsweise dem Hockstrecksprung, seine Kraft gut koordiniert und mit dem richtigen Timing einsetzt, das heißt ohne unnötige Bewegungen, also mit optimaler Effizienz: In der Ausgangsposition befindet sich der Athlet in der Hocke (Kniebeuge-stellung), schwingt die Arme hoch, streckt leicht den Rumpf und ›explodiert‹ dann förmlich aus den Beinen heraus. Der Athlet aus unserem Beispiel besitzt das Potenzial, in angemessener Zeit und bei ausreichender Übung und Analyse auch andere zusammengesetzte wie auch kraft entfaltende Bewegungen zu erlernen.

Abbildung 1

Die dritte Stufe stellt die sportartspezifische Geschicklichkeit (technische Fertigkeiten) in durchschnittlichem oder optimalem Maß dar. Beachte auch den Pufferbereich, den das breite Fundament für die mittlere Ebene bietet und diese wiederum für die oberste Stufe. Diese Pufferbereiche oder -zonen sind äußerst wichtig. Fehlen sie, ist Alarmstufe Rot angesagt, denn ohne Pufferbereiche besteht Verletzungsgefahr! Im geringsten Fall beeinträchtigt das Fehlen der Pufferzonen die Bereiche Kraft und Effizienz. Unter Pufferbereich ist hier zu verstehen, dass der Sportler die funktionellen Bewegungen mehr als ausreichend beherrscht, um seine Kräfte gezielt einzu-setzen, und dass die von ihm entwickelte Kraft, also der Mittelteil der Pyramide, mehr als groß genug ist, um seine sportartspezifischen Fertigkeiten zu kontrollieren.

Optimal ist eine Bewegungspyramide, wenn Bewegungsmuster, Bewegungseffizienz und sportartspezifische Fertigkeiten ausgeglichen aufeinander aufbauen und angemessen vorhanden sind. Das bedeutet aber nun nicht, dass die einzelnen Stufen nicht mehr verbessert werden könnten. Bei jeder Leistungssteigerung muss allerdings darauf geachtet werden, dass die Balance und Form der Pyramide nicht zerstört werden.

 

Bewegungspyramide mit zu hoher Kraftbetonung

Die Bewegungspyramide mit zu hoher Kraftbetonung entspricht einem Athleten, der bei den Mobilitäts- und Stabilitätstests (erste Stufe der Pyramide) nur sehr wenig Punkte sammeln kann, dafür aber überdurchschnittlich gut bei der Kraftentfaltung (der zweiten Stufe) abschneidet und angemessene sportartspezifische Fertigkeiten (dritte Stufe) aufweist. Durch schlechte Mobilität oder mangelnde Stabilität in manchen Bewegungsmustern wird die Fähigkeit des Athleten, sich in einfachen und grundlegenden Körperstellungen frei zu bewegen, eingeschränkt. Dadurch erreicht der Athlet nur eine suboptimale Punktzahl beim Test der funktionellen Bewegung, was aus dem schmalen Sockel der Pyramide ersichtlich ist.

Der zu sehr kraftorientierte Sportler ist nicht notwendigerweise zu stark. Seine Fähigkeit, Kraft zu entfalten, ist lediglich stärker ausgebildet als die Fähigkeit, sich ohne Einschränkungen zu bewegen. Ein solcher Athlet muss seine Bewegungsmuster verbessern und gleichzeitig sein gegenwärtiges Kraftniveau beibehalten. Das zu diesem Athletentyp gehörige Diagramm besitzt gar keinen Pyramidencharakter mehr. Der Sockel (funktionelle Bewegung) und die Spitze (funktionelle Fertigkeiten) sind annähernd gleich groß. Ein solcher Athlet weist eine enorme Kraftentfaltung auf, hat aber viele Einschränkungen und Schwächen im Bereich der funktionellen Bewegung. Zahlreiche sportartspezifisch geschickte und gut trainierte Athleten entsprechen diesem Typus. Solche Athleten waren vielleicht nie verletzt und sind möglicherweise in besserer Form als je zuvor, trotzdem sollten sie sich im Training mehr auf funktionelle Bewegungsmuster konzentrieren. Wenn es ihnen gelingt, die Einschränkungen der funktionellen Bewegung zu beseitigen, können sie auf einer breiteren Grundlage aufbauen und einen größeren Pufferbereich schaffen.

Abbildung 2

Ein Athlet dieses Typs erkennt möglicherweise keine unmittelbar greifbaren Steigerungen seiner sportlichen Leistung. Vielleicht lassen sportartspezifische Leistung und Kraftentfaltung sogar leicht nach, während sich Mobilität oder Stabilität verbessern. Es ist andererseits jedoch unwahrscheinlich, dass ein solcher Athlet seine allgemeine Kraft entfaltung und/oder seine sportartspezifischen Fertigkeiten in größerem Maße steigern kann, ohne zuvor seine allgemeinen, grundlegenden Bewegungsmuster zu verbessern. Auf lange Sicht werden sich Verbesserungen einstellen, ganz gleich, ob der Athlet sich mit funktionellen Bewegungsmustern beschäftigt, um Verletzungen vorzubeugen oder um bisher ungenutzte Leistungspotenziale zu erschließen. Zur Förderung seiner Beweglichkeit sollte der übermäßig kraftorientierte Athlet sich ein spezielles Mobilitätstrainingsprogramm aneignen, das gezielt auf die bei den Tests ermittelten Schwachstellen eingeht. Im Allgemeinen sind auch Yoga und Pilates eine gute Wahl, man muss sich jedoch auf kleine Schritte einstellen und darf eher keinen großen Durchbruch erwarten.

Nach vier Wochen Training sind die Tests zu wiederholen, um mögliche Fortschritte festzustellen. Der hier besprochene Athlet benötigt eine längere Aufwärmphase vor Training und Wettkampf als gewöhnlich. Der Körper braucht ausreichend Zeit, um locker und geschmeidig zu werden. Massagen können hierbei unterstützend wirken und sowohl die Bewegungsmuster als auch die Beweglichkeit fördern. Beim Krafttraining sollte unser Athlet weniger an gestemmte Gewichte als an sein Bewegungsspektrum denken. Vorzugsweise wird der Oberkörper mit Kurzhanteln statt mit der Langhantel trainiert, weil so das Spektrum der Drehbewegungen am größten ist. Kabelzuggeräte stellen ebenfalls eine ausgezeichnete Trainingsmöglichkeit dar.

 

Bewegungspyramide mit mangelnder Kraft

Die Bewegungspyramide mit mangelnder Kraft bezieht sich auf einen Athleten, der gute Grundlagen, allgemeine Beweglichkeit und eine optimale sportartspezifische Leistungsfähigkeit besitzt. Seine Schwächen liegen im Mittelteil der Pyramide (Kraftaufbau). Dieser Athlet beherrscht zwar die erforderlichen Bewegungsmuster, um eine Vielzahl an Aufgaben, Tätigkeiten und Bewegungsmustern auszuführen, es mangelt ihm jedoch an allgemeiner Athletik oder an der Fähigkeit, ausreichend Kraft für einfache Bewegungsmuster aufzubringen.

Der Athlet dieses Typs bewegt sich hervorragend und uneingeschränkt, die Effizienz seiner Bewegungen ist hingegen unzureichend und seine Kraftentfaltung könnte verbessert werden. Das Konditionsprogramm für einen solchen Athleten sollte sich auf Effizienz und Kraft konzentrieren, ohne die Bewegungsmuster negativ zu beeinträchtigen. Ein Athlet dieses Typs würde von Krafttraining, plyometrischen Übungen oder Gewichtstraining profitieren. Wichtig ist, dass er seine funktionellen Bewegungsmuster beibehält, während er an Kraft, Ausdauer und Schnelligkeit zulegt. Diese Kraftreserve wird einen Pufferbereich für die Entwicklung sportartspezifischer Fertigkeiten bilden. Auch die Effizienz wird dadurch verbessert werden.

Nehmen wir das Beispiel eines jungen Speerwerfers, der eine extrem gute Mobilität und Stabilität mitbringt und seine Werferqualitäten durch Videoanalyse und Training mit einem Spezialisten perfektioniert hat. Um effektiv zu werfen, muss er innerhalb kurzer Zeit einen Kraftstoß produzieren. Er braucht an keinem Mobilitäts- oder Stabilitätsprogramm teilzunehmen und muss sich wahrscheinlich auch nicht um die biomechanischen Grundlagen des Wurfs kümmern, um seine Technik zu verbessern. Woran dieser Athlet arbeiten sollte, sind die Steigerung der Maximalkraft sowie der Ausbau der Kraft – und Ausdauerreserven. Dadurch wird sich gleichzeitig seine allgemeine Athletik verbessern und ein Pufferbereich zwischen der zweiten und dritten Ebene der Pyramide entstehen. Dieser Pufferbereich ermöglicht es ihm, mit derselben Effektivität zu werfen, jedoch mit höherer Effizienz bzw. weniger Energieaufwand. Während er seine Kraft steigert, bleibt seine maximale Wurfgeschwindigkeit möglicherweise unverändert. Unter normalen Umständen kann er jedoch mit einer Steigerung seiner Wurfleistung rechnen, und zwar in punkto konstanterer Leistung, besserer Ausdauer und schnellerer Erholung während des Wettkampfes.

Abbildung 3

Ein Athlet mit Kraftdefizit braucht einen Trainingsplan, der das Neuromuskuläre »aufweckt«, damit es die anspruchsvollen Bewegungsmuster, zu denen es fähig ist, steuern und kontrollieren kann. Zu diesem Zweck kommen Übungen ohne Kraftmaschinen infrage, wie zum Beispiel Steigerungsläufe, Jogging, Seilspringen, Liegestütze und eventuell sogar verschiedene Kampfsporttechniken, mit denen sich die Fähigkeit, die eigene Kraft gezielt und kontrolliert einzusetzen, verbessern lässt. Die Fortschritte werden sich langsam, aber kontinuierlich einstellen.

Im Kraftraum sollte der Athlet mit einem Kraftdefizit den Umgang mit der Freihantel erlernen. Kraftgeräte können verwendet werden, aber die Arbeit mit der Freihantel ist die bessere Wahl. Das Training an Maschinen scheint einfacher und »benutzerfreundlicher« zu sein, was insbesondere für Athleten gilt, die sich wenig mit Gewichtstraining auskennen. Aber ein bewegungsorientierter Sportler wird in sitzender Position an einer Kraftmaschine kaum signifikante Zugewinne an funktioneller Stärke erzielen. Durch die Rückenlehne des Geräts wird dem Rumpf die Möglichkeit genommen, die durch Arme und Beine entwickelte Kraft zu steuern und zu kontrollieren.

Mit zunehmender Kraft, Schnelligkeit und Koordination muss der Athlet durch zwischengeschaltete Tests sicherstellen, dass seine sportartspezifischen Qualitäten durch das geänderte Training nicht leiden. Sollten solche Beeinträchtigungen beobachtet werden, muss sich der Athlet trotzdem keine unmittelbaren Sorgen machen: Viele Spitzensportler, die außerhalb der Saison an ihrer Kraft arbeiten, machen diese Erfahrung. Mit zusätzlichen sportartspezifischen Einheiten können diese Einbußen wieder wettgemacht und zusätzlich der neue Kraft zuwachs genutzt werden.

Ein Athlet mit Kraftdefizit kann auch Nutzen aus dem Training mit einem Partner ziehen, der ihn fordert, auf Technikfehler achtet und eine Überlastung rechtzeitig bemerkt. Für Kraftübungen mit größeren Gewichten ist ohnehin ein sogenannter Spotter erforderlich (das ist eine Person, die während einer Übung Hilfe- und Sicherheitsstellungen gibt). Die Grundlage des Programms sollten Übungen mit der Kurzhantel, mit dem Medizinball sowie Sprints am Berg und Seilspringen bilden. Dabei ist stets darauf zu achten, dass die dringlichste Schwachstelle am intensivsten trainiert wird. Nach acht Wochen Training sind die Tests zu wiederholen.

 

Bewegungspyramide mit technischen Defiziten

Die Bewegungspyramide mit technischen Defiziten zeigt ein optimales Niveau bei der funktionellen Bewegung wie auch bei der funktionellen Leistung, das Niveau der sportartspezifischen Fertigkeiten ist jedoch nur unterdurchschnittlich entwickelt. Der betreffende Athlet hat – entweder naturgegeben oder durch harte Arbeit – angemessene funktionelle Bewegungsmuster und eine gute Kraft entfaltung erworben, es mangelt ihm jedoch an der effektiven Beherrschung sportartspezifischer Fertigkeiten. Ein solcher Athlet würde von Techniktraining profitieren, durch das er seine Biomechanik weiterentwickeln bzw. verbessern könnte. Auch die Entwicklung einer besseren Bewegungswahrnehmung, wie sie für gute Werte auf der höchsten Stufe erforderlich ist, käme ihm zugute.

In vielen Fällen sind Athleten dieses Typs in besserer physischer Verfassung als viele ihrer Kontrahenten. Eventuell haben sie einen geringeren Körperfettanteil, eine größere Flexibilität und erzielen bessere Ergebnisse im Kraftraum. Auf dem Spielfeld bzw. im Wettkampf sind die anderen aber dauerhaft auf einem technisch höheren Niveau. Oft liegt der Schlüssel zur Weiterentwicklung eines Athleten mit mangelnden technischen Qualitäten in einer methodischen Herangehensweise, einem nachhaltigen Training. Ist der Athlet nicht gewillt, endlos Freiwürfe auf den Korb zu trainieren, auf dem Golfplatz ewig zu putten oder stundenlang Tennisaufschläge zu
üben, dann darf er auch nicht erwarten, dass ihn der Fleiß im Kraftraum oder ein spezieller Ernährungsplan seinen sportlichen Zielen näherbringen. Technisches Können im Sport lässt sich mit dem richtigen Trainingsansatz durchaus verbessern.

Abbildung 4

Sportler mit technischen Schwächen müssen herausfinden, wo genau ihre Schwachstellen liegen. Dazu sollten sie einen Trainer und/oder eine Videoanalyse zu Rate ziehen, gute und schlechte Leistungen prüfend vergleichen und die Faktoren ermitteln, welche die Leistung im Wesentlichen ausmachen. Anspannung und Nervosität können dabei eine Rolle spielen. In diesem Fall kann eine Entspannungsübung Abhilfe schaffen. Manchmal hilft auch eine Ausgleichssportart, wie zum Beispiel Tennis, Kampfsport, Squash oder Golf. In keiner dieser Sportarten kann man allein durch rein athletische Qualitäten gewinnen. Körperbeherrschung und korrekte Technik sind mindestens genauso ausschlaggebend. Das Erlernen technischer Fertigkeiten in einem neuen Sportbereich, wenn auch nur auf Hobbyniveau, kann dem Sportler helfen, grundlegende Fehler und Mängel in seiner Hauptsportart aufzudecken.

Bei manchen Athleten wird sich die Bewegungspyramide im Laufe der Saison während Wettkampf- und Trainingsphasen verändern. Bei anderen wird sie unverändert bleiben. Einige Sportler können von Natur aus gut Kraft aufbauen, müssen jedoch dauerhaft an funktionellen Bewegungsmustern arbeiten, um ihr optimales Bewegungsspektrum beizubehalten. Wieder andere verfügen über ein hervorragendes Bewegungsspektrum, benötigen jedoch zusätzliches Training, um ihr Niveau hinsichtlich der allgemeinen Athletik und Kraftentfaltung zu halten. Noch andere Athleten werden herausfi nden, dass sie dauerhaft an ihren Grundlagen und ihrer Technik arbeiten müssen, während einige Sportler von Natur aus technisch talentierter sind und ihre Zeit vorrangig in das Konditionstraining investieren können.
Die Bewegungspyramide zeigt deutlich, weshalb ein simples Übertragen eines Trainingsprogramms von einem Athleten auf den anderen auf Dauer nicht die gewünschten Ergebnisse bringt. Viele Trainer und Athleten wählen intuitiv den richtigen Ansatz, um den Bereich der dringlichsten Schwäche zu ermitteln und dann gezielt in diesem Bereich zu arbeiten. Allen anderen liefern die Testreihen in diesem Buch die Informationen, die für den Aufb au einer einfachen Bewegungspyramide erforderlich sind. Die Tests sollen die Zielbereiche ermitteln, auf die Sie sich im Training konzentrieren müssen. Die Bewegungspyramide ist eine einfache und effektive Methode, das Gleichgewicht der einzelnen Komponenten sicherzustellen.

 

Euer Gray Cook

Analyse von fundamentalen Bewegungsmustern mit dem Functional Movement Screen (FMS), erfahre hier mehr dazu

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Warum du deine Faszien trainieren solltest

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Faszien faszinieren mich. Die Faszien, auch Bindegewebe genannt, sind der universelle Baustoff, der unseren ganzen Körper durchzieht, alle Organe umhüllt und uns Form und Struktur gibt. Dieses Material und seine Eigenschaften sind so interessant, dass ich vom Körpertherapeuten zum Naturwissenscha‡ftler wurde: ich wollte wissen, welchen Anteil die Faszien an menschlichen Bewegungen haben und was sie für Körper und Psyche wirklich bedeuten. Inzwischen ist mir klar, dass ihre Leistung gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann – und dass wir gut daran tun, uns in Alltag und Sport der Faszien viel mehr bewusst zu werden.

Viel zu lange standen die Faszien im Abseits, auch wenn Mediziner, Trainer und Physiotherapeuten sehr wohl um ihre Existenz und ihre Funktionen wussten. Doch wenn an chronischen Rückenschmerzen mit Operationen herumlaboriert wurde, wenn man in der Physiotherapie Schmerz und Verspannungen lindern wollte, wenn Sportler nach langem Training in der Leistung stagnierten, konzentrierte man sich auf Muskeln, Nerven, Knochen, Koordination und Kraft‡. Die Faszien wurden nicht als eigenständiger Akteur gesehen. Das hat sich in den letzten Jahren massiv geändert.

 

Die Faszien sind aus ihrem Aschenputteldasein herausgetreten

Einiges, was sich in den letzten Jahren an Wissen rund um das Bindegewebe angesammelt hat, wirft‡ alte Konzepte über den Haufen oder löst manchmal geradezu einen Paradigmenwechsel aus: Ein Muskelkater etwa kommt weniger aus dem Muskelgewebe, sondern entsteht hauptsächlich in den Faszien, die den Muskel umhüllen. Rückenschmerzen haben ihre Ursache in vielen Fällen nicht in Wirbel- oder Bandscheibenschäden, sondern in den Faszien, Sportverletzungen sind zum allergrößten Teil keine Muskelprobleme, sondern Faszienverletzungen. Und die Faszien gelten inzwischen als eines unserer wichtigsten Sinnesorgane, das Bindegewebe schickt sogar Signale bis ins Gehirn und den Sitz des Bewusstseins. Alle Körperbewegungen werden von Sensoren in den Faszien mitbestimmt: Fallen sie aus, kann der Mensch seine Bewegungen nicht mehr steuern. Die Liste dieser neuen Erkenntnisse ist ziemlich lang, und fast täglich kommen aus aller Welt weitere dazu.

Sie stammen aus der medizinischen oder biologischen Forschung, aber auch von Physiotherapeuten und anderen Praktikern. Und weil ich selbst als Körper- und Bewegungstherapeut gearbeitet habe, bevor ich in die Wissenscha‡ft ging, ist es mir besonders wichtig, Theorie und Praxis miteinander zu verbinden. So haben wir von der Fascial Fitness Association schon 2009 damit begonnen, die vielen Entdeckungen rund um die Faszien in ein Trainingsprogramm umzusetzen, das das Gewebe gezielt stimuliert, kräft‡igt und pflegt. Heute spannt sich das Netz von Faszienforschern, Sportwissenschaftlern und Bewegungstherapeuten, die das gezielte Faszientraining anwenden und weiterentwickeln, um die ganze Welt.

Natürlich gibt es schon Hunderte von Büchern und Trainingsprogrammen, die alle viel und überdies dasselbe versprechen: mehr Kraft‡, bessere Leistung und Ausdauer,
mehr Beweglichkeit, Gesundheit, Wohlbefinden und einen schöneren Körper. Wenn jetzt jemand sagt: »Was sollen wir denn noch alles machen?«, würde ich das gut verstehen. Und wenn jemand sagt: »Warum soll ich die Trainingsmethode wechseln? Ich komme gut klar«, würde ich auch das verstehen. Denn viel hil‡ft nicht viel, wie gerade Sportler wissen – das Richtige muss es sein. Und mit dem Faszientraining kommt eine bislang fehlende Komponente ins Spiel. Ein gezieltes Faszientraining kann die Leistung optimieren, neuen Leistungszuwachs erzielen, im Alltag von Schmerzen und Steifigkeit befreien, und es lässt sich vor allem mühelos in ein anderes Trainingsprogramm integrieren, das du schon befolgst.

 

Das heißt: Faszientraining ersetzt nicht alle bisherigen Trainingsprogramme, es ergänzt sie.

Es bereichert sie um das Element, das bisher fehlte. Denn die Schwerpunkte in Sportwissenschaft und Trainingslehre waren über Jahrzehnte Kraft‡, Ausdauer und Koordination. Sie zielten also auf Muskeln, Kreislauf und neuronale Steuerung – ohne die Faszien zu berücksichtigen.

Viele Trainingsprogramme betonen zwar, dass sie die Faszien mittrainieren. Aber das stimmt so nur bruchstückhaft‡, und es ist vor allem nicht effizient: Faszien brauchen eigene Impulse und bestimmte Bewegungen. In den üblichen, festgelegten und stereotypen Programmen fehlen diese Impulse meist ganz oder treten nur zufällig und ohne abgestimmte Dosierung auf. Zum Vergleich: Wer für einen Marathon trainiert, trainiert auch irgendwie seine Muskeln mit. Doch große Gewichte wird er nicht stemmen können – denn die dafür nötigen Muskeln sind nicht gezielt aufgebaut worden. Gezieltes Training ist also das Schlüsselwort für die Optimierung.

Heute wissen wir, dass die Bedeutung der Faszien für das Funktionieren der Muskeln sowie die optimale Koordination enorm ist – aber dass sie eine spezielle Stimulation brauchen. Das wirkt sich auf die Trainingskonzepte aus, die schon mehrere Erneuerungswellen durchlaufen haben. Nachdem früher einzelne Muskeln trainiert wurden, richtete man danach das Augenmerk auf Muskelketten und funktionale Bewegungsabläufe – und heute zeichnet sich etwas Neues ab: Training muss auch das ganze Fasziennetzwerk und seine langen Zugbahnen erfassen. Denn der Zustand der Faszien beeinflusst Ausmaß und Heilung von Verletzungen ebenso wie die Regeneration nach Training und Wettkampf und noch viel mehr.

Faszientraining macht also dein persönliches Programm komplett. Das bedeutet nicht, dass du zusätzlich ein Riesenpensum bewältigen oder dich völlig umstellen musst. Die meisten Übungen lassen sich problemlos integrieren und sorgen fast nebenbei für Wartung und Pflege deines Fasziennetzwerks im Körper. Du sollst das Bindegewebe beleben und regenerieren, es vital und geschmeidig halten, damit du deine Muskeln noch besser trainieren kannst, deine Bewegungen flüssig und elegant werden und deine Widerstandskraft‡ steigt. Denn Faszientraining erhöht die Belastbarkeit von Sehnen und Bändern, vermeidet schmerzhaft‡e Reibereien in Hüft‡gelenken und Bandscheiben, schützt die Muskulatur vor Verletzung und hält den Körper in Form, weil es für eine jugendliche und straffe Silhouette sorgt. Das ist gerade auch im Alltag und mit zunehmendem Alter wichtig.

 

Das Ganze ist erstaunlich wenig aufwendig:

Zehn Minuten zweimal in der Woche reichen. Besondere Kleidung oder Geräte sind nicht erforderlich, das gesamte Programm ist unkompliziert, alltagstauglich und geeignet für alle Alters- und Trainingsstufen. Die Vorteile des Faszientrainings für den Sport, aber vor allem im Alltag liegen dabei auf der Hand:

  • Die Muskeln arbeiten effizienter.
  • Die Regenerationszeit verkürzt sich, sodass man schneller fit wird für das nächste Training und die nächste Anforderung.
  • Die Leistungsfähigkeit steigt.
  • Bewegungsabläufe und Koordination verbessern sich.
  • Die Bewegungen erlangen einen Ausdruck von geschmeidiger Eleganz und wirken weniger hölzern.
  • Körperhaltung und -form werden straffer und jugendlicher.
  • Ein guter Faszienzustand bietet langfristig Schutz vor Verletzungen und Schmerz.
  • Es gibt viel mehr Spaß und Abwechslung im Training.
  • Faszientraining verleiht ein Gefühl von Jugendlichkeit und Spannkraft‡.

 

Die Übungen sind außerdem variierbar für verschiedene Bindegewebstypen oder Problemzonen. Auch im Hinblick auf das Altern, das uns ja alle trifft, ist ein regelmäßiges Faszientraining wichtig: Wir sind so alt wie unser Bindegewebe! Fitte Faszien halten dich in Form, mit dem richtigen Training kannst du ein Leben lang jugendlich und straff bleiben. Wer also jung bleiben oder wieder jung werden will, tut gut daran, seine Faszien richtig zu pflegen. Was das alltägliche Leben angeht, so
gibt es aber noch weitere Auswirkungen. Viele kennen die üblichen Zipperlein, die uns o‡ft und lange begleiten und sich zu Problemen auswachsen können: Rücken-schmerzen, Schulter- und Ellenbogenprobleme, Nackenschmerzen, Verspannungen, Kopfschmerzen sowie Fußprobleme wie der Fersensporn. Mediziner erkennen
zunehmend, dass bei allen diesen Syndromen der Zustand des Bindegewebes eine wesentliche Rolle spielt, dass Störungen im Bindegewebe sogar die Ursache sein können, etwa bei Schulterproblemen wie der schmerzha‡en Schultersteife, auch »Frozen Shoulder« genannt. Und dass sie mit faszienbetonten Behandlungen und Trainingsprogrammen zu lindern oder zu beseitigen sind.

Euer Dr. Robert Schleip

 

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Physiologie, Beweglichkeit und Stretching

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Was ist Beweglichkeit?

Unter Beweglichkeit versteht man im Allgemeinen den Bewegungsumfang eines einzelnen Gelenks oder mehrerer Gelenke. Vereinfacht ausgedrückt, steht Beweglichkeit dafür, wie weit wir uns strecken, beugen und drehen können. Tony Gummerson (1990) erweiterte diese allgemeine Definition und beschrieb Beweglichkeit folgendermaßen:

»[…] der absolute Bewegungsumfang eines Gelenks oder mehrerer Gelenke, wie er in einer Bewegungsausführung mit Unterstützung eines Partners oder mit einem Hilfsmittel erreicht werden kann.«

 

Fitness und Beweglichkeit

Die körperliche Fitness eines Menschen hängt von vielen Faktoren ab: Beweglichkeit ist nur einer davon. Wenngleich Beweglichkeit eine wichtige Komponente körperlicher Fitness darstellt, ist sie doch nur ein Teil im großen Fitness-Puzzle. Andere Komponenten sind Kraft, Leistungsfähigkeit, Geschwindigkeit, Ausdauer, Gleichgewichtssinn, Koordination und Geschicklichkeit.

Obwohl jede Sportart diese Fitnesskomponenten in unterschiedlichem Maße fordert, solltest du stets einen Trainingsplan befolgen, der alle Komponenten körperlicher Fitness abdeckt.

Rugby und American Football erfordern beispielsweise in erster Linie Kraft; ließen die Spieler jedoch Geschicklichkeits- und Dehnübungen weg, könnte das zu schlimmen Verletzungen führen und würde die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Für einen Turner haben Kraft und Beweglichkeit höchste Priorität, aber ein ausgewogenes Training sollte auch seine Leistungsfähigkeit, Geschwindigkeit und Ausdauer verbessern.

Das gilt für jeden: Auch wer von Natur aus stark und gelenkig zu sein scheint, wäre dumm, wenn er die anderen Komponenten körperlicher Fitness vernachlässigen würde. Und ist jemand in einem Gelenk oder einer Muskelgruppe gut beweglich, heißt das noch lange nicht, dass das am ganzen Körper der Fall ist. Beweglichkeit muss man deshalb als Eigenschaft eines bestimmten Gelenks oder einer bestimmten Muskelgruppe verstehen.

 

Gefahren und Auswirkungen fehlender Beweglichkeit

Verspannte, steife Muskulatur schränkt den normalen Bewegungsspielraum ein. In manchen Fällen trägt mangelnde Beweglichkeit nicht unwesentlich zu Muskel- und Gelenkschmerzen bei. Einige Menschen sind so ungelenkig, dass sie sich beispielsweise nur mit Schwierigkeiten bücken oder umschauen können. Verspannte, steife Muskulatur ist in ihrer Funktion gestört. Können sich Muskeln nicht effizient kontrahieren und entspannen, vermindern sich Leistungsfähigkeit und Koordination. Verkürzte, verspannte Muskeln hemmen außerdem bei körperlicher Aktivität Kraft und Energie in hohem Maße.

In sehr seltenen Fällen können verspannte Muskeln sogar die Durchblutung beeinträchtigen. Gute Durchblutung ist eine Voraussetzung dafür, dass die Muskulatur mit ausreichend Sauerstoff und Nährstoffen versorgt wird. Schlechte Durchblutung lässt die Muskeln schneller ermüden und behindert letztendlich die Regeneration und die Fähigkeit, sich vom Training zu erholen. Alle diese Faktoren tragen erheblich zu gesteigertem Verletzungsrisiko, negativem Körpergefühl, Leistungsminderung und dem Risiko wiederholter Verletzungen bei.

 

Wodurch wird Beweglichkeit eingeschränkt?

Muskeln müssen beweglich sein, um Spitzenleistung zu erbringen, und Stretching ist der Schlüssel dazu, elastische Muskeln und Sehnen zu entwickeln und zu erhalten. Allerdings kann Beweglichkeit auch durch eine Reihe weiterer Ursachen beeinträchtigt werden. Der Bewegungsumfang kann durch innere wie äußere Ursachen eingeschränkt werden. Knochen, Bänder, Muskelmasse, Muskellänge, Sehnen und Haut können allesamt als innere Faktoren die Beweglichkeit eines bestimmten Gelenks beeinträchtigen. So kann etwa das menschliche Bein nicht über die Streckung hinaus nach vorn gebeugt werden, weil die Struktur der Knochen und Bänder im Kniegelenk dies nicht zulässt. Äußere Einflüsse wie Alter, Geschlecht, Temperatur, enge Kleidung und natürlich Verletzungen und Behinderungen aller Art wirken sich ebenfalls auf die Beweglichkeit aus.

 

Beweglichkeit im Alterungsprozess

Es ist kein Geheimnis: Mit jedem Lebensjahr scheinen die Muskeln und Gelenke steifer und unelastischer zu werden. Dies gehört zum Alterungsprozess dazu als Resultat von körperlicher Abnutzung und Inaktivität. Auch wenn Sie nichts gegen das Älterwerden tun können, sollten Sie nicht aufhören, an Ihrer Beweglichkeit zu arbeiten.

Das Alter schließt einen fitten und aktiven Lebenswandel nicht aus, aber mit den Lebensjahren müssen doch gewisse Vorsichtsmaßnahmen eingehalten werden. Für Dehnübungen braucht man einfach etwas mehr Zeit; man muss sie etwas geduldiger und vorsichtiger angehen.

 

Anatomie der Muskeln

Um die Beweglichkeit zu verbessern, sollte der Schwerpunkt des Trainings auf den Muskeln und zugehörigen Faszien liegen. Zwar wird unsere allgemeine Beweglichkeit auch von Knochen, Gelenken, Bändern, Sehnen und Haut bestimmt, aber auf diese Faktoren haben wir kaum Einfluss.

 

Knochen und Gelenke

Die Struktur von Knochen und Gelenken erlaubt nur einen ganz bestimmten Bewegungsumfang. Das Kniegelenk etwa lässt eine Bewegung über die gestreckte Stellung hinaus nicht zu, egal wie sehr du es versuchst.

 

Bänder

Die Bänder verbinden die Knochen miteinander und stabilisieren die Gelenke. Eine Dehnung der Bänder sollte man vermeiden, da das die Gelenkstabilität beeinträchtigen kann, was wiederum das Verletzungsrisiko erhöht.

 

Sehnen

Muskeln und Knochen sind durch Sehnen verbunden, die aus sehr dichtem Bindegewebe bestehen. Sehnen sind extrem reißfest und dennoch sehr elastisch. Sie tragen ebenfalls zur Gelenkstabilität bei. Ihr Anteil an der Beweglichkeit eines Gelenkes beträgt allerdings nur zehn Prozent; deshalb sollten auch die Sehnen nicht im Mittelpunkt von Dehnübungen stehen.

 

Muskeln

Muskeln bestehen aus Tausenden von kleinen, zylindrischen Fäden, den Muskelfasern. Diese liegen parallel zueinander, manche von ihnen sind bis zu 30 Zentimeter lang. In jeder Muskelfaser stecken zehntausende winziger Fädchen, die Muskelfibrillen, die dem Muskel die Fähigkeit verleihen, sich zusammenzuziehen, sich zu entspannen und zu dehnen. Jede Muskelfibrille besteht aus einer Vielzahl von Bündeln, den sogenannten Sarkomeren. Jedes Sarkomer setzt sich aus sich überlappenden dicken und dünnen Fädchen zusammen, den sogenannten Muskelfilamenten. Jedes Muskelfilament besteht in der Hauptsache aus kontraktilen Proteinen, nämlich Aktin und Myosin. Der Anteil von elastischem Gewebe in Muskeln und ihren Faszien ist größer als bei den anderen, oben erwähnten anatomischen Strukturen. Daher sollten die Muskeln im Mittelpunkt unseres Beweglichkeitstrainings stehen.

 

Was ist Stretching?

Wenn es um körperliche Gesundheit und Fitness geht, bedeutet Stretching, bestimmte Körperteile in eine solche Position zu bringen, dass Muskeln und die damit verbundenen Weichteile gedehnt werden.

 

Was passiert beim Dehnen eines Muskels?

Wer mit regelmäßigen Dehnübungen beginnt, wird bald eine Reihe von Veränderungen im Körper bemerken, besonders in den Muskeln selbst. Des Weiteren reagieren aber auch Bänder, Sehnen und Faszien sowie Haut und Narbengewebe auf die Übungen.

Die Dehnung der Muskeln und damit die Erweiterung ihres Bewegungsumfangs beginnt bei den Sarkomeren. Wenn ein bestimmter Körperteil in eine Position gebracht wird, in der ein Muskel gedehnt wird, verringert sich die Überlappung zwischen den dicken und dünnen Myofilamenten. Sind auf diese Weise die Sarkomere komplett gedehnt, hat der Muskel seine maximale Ruhelänge erreicht. An diesem Punkt verlängert weiteres Stretching das Bindegewebe und die Muskelfaszien. Außerdem zog G. Goldspink zunächst 1968 und 1971 dann zusammen mit P. E. Williams den Schluss, dass:

»regelmäßiges Stretching mit der Zeit dazu führen kann, dass die Anzahl der Sarkomere wächst, indem neue Sarkomere an das Ende von bereits vorhandenen Myofibrillen angehängt werden, sodass Länge und Bewegungsumfang des Muskels insgesamt zunehmen.«

 

Richtig aufwärmen: Mit oder ohne Dehnen?

Es gibt verschiedene Meinungen darüber, ob und, wenn ja, wann Dehnübungen beim Aufwärmen sinnvoll sind. Einige Sportler sind sogar davon überzeugt, dass Stretching beim Warm-up ganz und gar nichts zu suchen hat. Doch stimmt das wirklich? Die Wissenschaft hilft uns dabei leider nicht unbedingt weiter. Eine Reihe von Studien haben es sich zum Ziel gesetzt zu klären, inwieweit Dehnübungen als Bestandteil des Aufwärmprogramms Verletzungen vorbeugen können. Der Effekt, den Dehnen auf die körperliche Leistungsfähigkeit und die Verminderung des Verletzungsrisikos hat, ist jedoch mit wissenschaftlichen Methoden nicht messbar. Natürlich lässt sich die Auswirkung von Dehnübungen auf die Elastizität von Muskeln, Bändern und Sehnen mittels einfacher Tests wie dem Sit-and-Reach-Test feststellen. Aber es ist schwierig, daraus Konsequenzen für die sportliche Leistungsfähigkeit und die Verletzungsanfälligkeit abzuleiten.

Aus Unsicherheit darüber, ob Stretching als Teil des Aufwärmprogramms irgendeinen Nutzen hat, verzichten viele Sportler lieber ganz auf Dehnübungen. Doch auch wenn Sie stretchen, sollten Sie nicht glauben, dass ein paar wenige Dehnübungen zum Aufwärmen reichen. Stretching ist zwar ein wichtiger Bestandteil des Aufwärmtrainings, aber Stretching allein ist noch kein Aufwärmtraining.

 

Effektives Warm-Up

Ein effektives Warm-up besteht aus mehreren Komponenten, die zusammen die Gefahr von Sportverletzungen senken und auf die körperliche Anstrengung vorbereiten. Die vier Hauptkomponenten, die ein effektives und vollständiges Aufwärmprogramm ausmachen, sind:

  1. Generelles Aufwärmen: Dieser Teil sollte aus 5 bis 15 Minuten leichter Aktivität bestehen. Ziel ist es, die Herz- und Atemfrequenz anzuheben, die Durchblutung anzuregen und die Muskeltemperatur zu erhöhen.
  2. Statisches Stretching: Jetzt sollten einige Minuten statisches Stretching folgen, um alle wichtigen Muskelgruppen und das damit verbundene Gewebe schrittweise zu längen. Jüngste Studien haben ergeben, dass statisches Stretching einen kontraproduktiven Effekt auf die Schnelligkeit der Muskelkontraktion haben kann und daher die Leistungsfähigkeit bei Sportarten, die besonders Schnellkraft erfordern, beeinträchtigt. Aus diesem Grund stehen statische Dehnübungen am Anfang des Aufwärmprogramms und sollten immer durch sportartspezifische Übungen und dynamisches Stretching ergänzt werden.
  3. Sportartspezifisches Aufwärmen: 10 bis 15 Minuten sportartspezifischer Übungen bereiten auf die speziellen Anforderungen der jeweiligen Sportart vor.
  4. Dynamisches Stretching: Beim dynamischen Stretching wird der zu dehnende Körperteil durch kontrollierte, sanfte Wipp- oder Federbewegungen an die Grenzen seines Bewegungsumfangs herangeführt. Die Intensität der Bewegung wird langsam gesteigert, sollte aber nie heftig oder unkontrolliert werden.

Alle vier Komponenten sind gleichermaßen wichtig, und man sollte keine von ihnen vernachlässigen. Nur das Zusammenwirken aller vier Komponenten gewährleistet
eine optimale körperliche und mentale Vorbereitung auf die bevorstehende Leistung. Die im vorher beschriebenen Aufwärmprogramm empfohlenen Zeitmaße gelten für ernsthaft betriebenen, anspruchsvollen Sport. Du kannst diese Zeitmaße also deinen eigenen Ansprüchen und Fähigkeiten anpassen.

 

Fazit

Stretching ist bei richtiger Ausführung von großem Nutzen. Allerdings sind Dehnübungen nur ein Element zur Senkung des Verletzungsrisikos und Steigerung der sportlichen Leistung – wenn auch ein sehr wichtiges. Die besten Ergebnisse entstehen, wenn du Stretching mit anderen Techniken der Verletzungsvermeidung und Kräftigung kombinierst.

 

Euer Brad Walker

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Serie zur Verbesserung der Mobilität – Hüfte, Teil 1

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Ähnlich wie bereits im Beitrag zur Morgenroutine beschrieben arbeiten wir bei diesen beiden Übungen aktiv an unserer Beweglichkeit. Wir versuchen Kontrolle über unser gesamtes Bewegungsausmaß zu erlangen und uns selbst in Positionen zu manövrieren, die am äußeren Rand unserer Beweglichkeit liegen.

Das Ziel für diese beiden Bewegungen ist daher eine langsame und kontrollierte Ausführung. Hier hilft es sich vorzustellen, dass man sich durch Wasser oder Schlamm bewegt. Während der gesamten Durchführung sollte eine normale Atmung beibehalten werden. Außerdem kann auch hier das Prinzip der Ausstrahlung genutzt werden, indem ihr versucht Spannung im Rumpf aufzubauen, um die Bewegung möglichst auf das Hüftgelenk zu limitieren.

Bei diesen Übungen kann es vorkommen, dass ihr Krämpfe in der äußeren Hüftmuskulatur bekommt. Das ist ganz normal und ein Zeichen von Verwirrung des Nervensystems. Der Muskel ist es nicht gewohnt in einer solch verkürzten Position angespannt zu werden und daher verkrampft er. In dem Fall die Position kurz verlassen und die Bewegung kurz darauf noch einmal versuchen. Nach ein paar Wiederholungen sollte das Krampfgefühl weg sein. Außerdem ist es sinnvoll nicht gleich die maximale Spannung aufzubauen, sondern sich von Wiederholung zu Wiederholung leicht zu steigern.

Die Übungen machen Sinn als Teil eures Warmups, zwischen Arbeitssätzen im Training, als Teil einer Regenerationseinheit oder vielleicht sogar als eigene Kraftübung für die Hüftmuskulatur. Versucht die Übungen für jeweils 5-10 Wiederholungen pro Seite durchzuführen. Viel Spaß beim ausprobieren.

Euer Ole Foerster

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Sich richtig bewegen: Gehen

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Beim Hinsetzen hältst du die Wirbelsäule in Neutralstellung, beugst dich aus den Hüften nach vorn und senkst deinen Körperschwerpunkt ab. Ein Liegestütz ist nichts anderes als ein in Neutralstellung korrekt verankerter Rücken, den du vom Boden wegdrückst. Auch wenn du gehst, läufst, in die Knie gehst oder Dinge vom Boden aufhebst, vollzieht deine Wirbelsäule die bereits eingeübten Haltungen. Man kann sich das so vorstellen: Der Großteil aller täglichen Bewegungen sind nichts weiter als Arm- und Beinbewegungen mit neutraler Wirbelsäulenhaltung. Dieses Modell vereinfacht die Dinge um einiges und zeigt auch sehr gut die Fehler, die unsere Biomechanik potenziell schädigen können.

Du kannst dir deine Wirbelsäule – vom Kopf bis zum Becken – als Zaunpfosten vorstellen. Außer beim Turnen oder in Rollbewegungen ändert sie ihre Form nicht, egal, was du tust. Das ist auch unabhängig von der Bewegungskomplexität, -geschwindigkeit oder -dauer; im Grunde finden die meisten Bewegungen in Haltungen statt, die fast immer gleich aufgebaut und ausgerichtet sind.

Das Ziel ist einfach: du sollst lernen, mit korrekt ausgerichtetem und stabilisiertem Rücken zu gehen. Dann überträgst du diese Prinzipien auf alle Alltagsaktivitäten. Wenn dir das gelingt, fallen nicht nur viele der mit Sitzen und Schreibtischarbeit zusammenhängenden Probleme weg, sondern du wirst auch zukünftig viel weniger Schaden nehmen.

 

Gehen

Gehen ist eine der sichersten und leichtesten Methoden, Bewegung ins Leben zu bringen und tagsüber die außersportliche Aktivität zu steigern. Mindestens 10.000 Schritte pro Tag werden empfohlen, die man im eigenen Interesse in möglichst optimaler Form absolvieren sollte. Der untere Rücken sollte nicht schmerzen, wenn du mehr als einen Kilometer gehst, und du solltest auch keine Ballenzehen oder seltsame Schwielen entwickeln – alles Symptome für mangelhafte Gehtechnik, Gewebeschwachstellen oder beides. Die Gehtechnik lässt sich glücklicherweise leicht optimieren. Ein paar Richtlinien zu befolgen reicht bereits aus, um die Biomechanik des Gehens dramatisch zu verbessern.

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Biomechanik des Gehens

Schritt 1: Grundhaltung und Ausgangsstellung: Ziehe die Schuhe aus, falls du welche trägst. Die Füße stehen direkt unter dem Körper, mit etwa faustbreitem Abstand zueinander. Die Zehen beider Füße zeigen gerade nach vorn. Absolvieren jetzt die Verankerungssequenz.

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Schritt 2: Mache einen Schritt und verlagere das Gewicht auf das vordere Bein, sobald es unter den Hüften durchschwingt. Einer der häufigsten Gehfehler ist eine zu große Schrittlänge, wodurch der Fuß zu weit vor dem Körper aufsetzt, d. h., du bremst bei jedem Schritt. Der Schlüssel zu effizientem Gehen ist es, das Bein nur kurz vor dem Körper aufzusetzen und das Gewicht sofort darauf zu verlagern, sobald es unter den Hüften durchpassiert. Besser als ein großer sind schnellere, kürzere Schritte. Die folgende Übung (siehe folgende Seiten) verdeutlicht diese Idee: Lasse dich aus der Neutralstellung nach vorn fallen, ohne zu Boden zu blicken oder in den Hüften abzuknicken. Ziel ist es, ab den Sprunggelenken vorzufallen, als ob dies die einzigen Gelenke wären, und daran ein paar Schritte anzuschließen.

3-kopie

Wie die meisten anderen Menschen machst du wahrscheinlich zuerst einen Schritt mit dem dominanten Fuß, um nicht auf die Nase zu fallen. Der ist allerdings nicht so lang, dass er dein Gewicht über das ganze Bein verteilt, während es vor dem Körper steht (wie das beim Tragen stark gedämpfter Schuhe passieren kann), sondern dein Fuß setzt wenige Zentimeter vor dem Körper auf. Während das Bein unter dem Körperschwerpunkt durchschwingt, verlagerst du das Gewicht darauf. Du fällst also nach vorn, balancierst dich mit dem Schritt nach vorn aus und fängst dann das Gewicht auf. Auch kleine Kinder, die gehen oder laufen, sieht man die Vorwärtsbewegung durch »Fallen« auslösen.

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Gutes Gehen ist im Grunde eine viel dezentere Form dieser Fallübung. Ein weiterer Knackpunkt ist, wie du den Fuß aufsetzt. Die Schrittlänge wird zu groß, wenn du zu weit vor dem Körper aufsetzt, was meist aufgrund fehlender Sprunggelenk- und Hüftbeweglichkeit passiert. Wenn du z. B. die Hüfte nicht gut strecken kannst (das Bein hinter den Körper führen kannst), kompensierst du das typischerweise, indem du deine Schritte zu weit nach vorn machst. Was hinten nicht gut gelingt, versucht man vorn besser zu machen. Kombiniert mit extrem gedämpften Schuhen, ergibt diese Tendenz ein stark übertriebenes Aufsetzen mit der Ferse. Ohne Schuhe könnte sich diese schädliche Gehtechnik nicht halten, weil der Fersenaufprall zu stark wäre. Das würde der Körper nicht lange zulassen.

Versuche ein Experiment: Gehe in deinen Lieblingsturnschuhen 10–15 Meter bei normaler Geschwindigkeit und filme dich dabei. Wiederhole  das Gleiche barfuß. Was fällt dir auf? Ich wette, dass du beide Male komplett unterschiedlich gingst. Ohne Schuhe machtest du wahrscheinlich kürzere und mehr Schritte, bekamst mit dem Führungsbein viel näher am Körper Bodenkontakt und hämmertest nicht wie verrückt die Fersen in den Boden. Und hier liegt der Hase im Pfeffer: Dein Gang sollte, biomechanisch gesehen, immer gleich sein, egal, welches Schuhwerk du trägst. Entscheidend ist es, den Fuß von der Ferse zu den Zehen abzurollen, und zwar so:

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Schritt 3: Die Füße gerade stellen. Für diese Übung suchst du dir auf dem Boden eine gerade Linie als Orientierung. Das könnte die Fugenspalte eines Fliesenbodens sein oder ein Klebeband, das du gerade auf dem Boden aufklebst. Positioniere die Füße links und rechts von der Linie, mit etwa faustbreitem Abstand zueinander, und stabilisiere wieder Rumpf, Hüften und Schultern. Dann starte nochmals die Fallübung aus Schritt 2, achte dieses Mal aber darauf, wo dein Fuß landet. Bei korrekter Gehtechnik sollte der Fuß im gleichen Abstand zur Linie aufkommen und parallel dazu sein. Falls die Füße nach außen zeigen, wiederhole den Schritt und konzentriere dich jetzt darauf, mit geraderem Fuß aufzusetzen.

 

Gehfehler und ihre Korrekturmöglichkeiten

Wenn du keine Fehlstellungen und -anpassungen hast und deine Beweglichkeit rundum normal ist, wird es dir relativ leichtfallen, deine Gehtechnik durch Befolgen der drei einfachen, eben gezeigten Schritte zu verbessern. Du brauchst nur etwas Übung. Viele Menschen schaffen dies jedoch nicht, weil ihre Körperhaltung schon das ganze Leben nicht ideal ist. Diese negativen Adaptionen und Limitierungen lassen sich zwar mithilfe von Mobilisationstechniken mildern oder beseitigen, doch ist es wichtig zu wissen, was die Gehtechnik am stärksten behindert. Korrektes Sitzen und Stehen stellen die richtigen Weichen, und besonders im Bereich Gehen gibt es ein paar spezifische Hindernisse – vor allem deine Schuhe.

 

Schuhwerk, mit dem Scheitern vorprogrammiert ist

Neben dem Stuhl ist der falsche Schuh der zweitgrößte Feind einer guten Biomechanik beim Gehen. Deine Füße sind ein Wunder der Ingenieurskunst, aber nicht für künstliche Stützen und dicke Polster geschaffen.

High Heels — Schuhe mit hohem Absatz behindern die Sprunggelenkmobilität. Dadurch verkürzen die Wadenmuskeln und die Achillessehnen. Als Kompensation fehlender Knöchelbeweglichkeit dreht der Körper die Füße nach außen. Hält dieser Zustand lange genug an, können Sie sich mit einer ziemlich negativen Anpassung herumschlagen. Und es kommt noch schlimmer: Auch der Körperschwerpunkt verlagert sich nach vorn und zwingt damit die Wirbelsäule in die Überstreckung. Sie kommen nicht darum herum: High Heels zerstören Ihren Gang, Ihre Haltung und Ihre Füße. Tragen Sie sie daher, wenn möglich, nur zu speziellen Anlässen.

Anzugschuhe — Sie glänzen und sehen wichtig aus, aber denken Sie nur an die Blockabsätze, Fersenverstärkungen und steifen Lederschäfte. Wie Absatzschuhe limitiert auch dieses schicke Schuhwerk die Knöchelbeweglichkeit und zementiert Ihre elastischen Füße in glänzende Zwangsjacken. Es schwächt die Füße, ruiniert deren Propriozeption (die Wahrnehmung von Lage im Raum und Bewegung) und manipuliert die Biomechanik beim Gehen. Die überhöhte Ferse signalisiert dem Körper, dass er lange Schritte mit Fersenaufsatz vor dem Körper machen kann, was beim Landen Schockwellen über den Fuß und das Knochenskelett nach oben sendet. Unsere Umwelt sollte den tatsächlichen Gegebenheiten unserer evolutionär bedingten Körperstruktur entsprechen, was dieser Schuhtyp nicht tut.

Sportschuhe mit starker Dämpfung — Die Dämpfungskissen helfen, einen Teil des Fersenaufpralls abzufedern, den zu lange Schritte vor den Körper generieren, aber diese sollten Sie ja von vornherein nicht machen! Dämpfungsschuhe unterstützen diese negative Anpassung nur noch mehr. Ihre Absätze sind zwar meist nicht so hoch wie die von schicken Schuhen für Kleid oder Anzug, doch behindern sie ebenfalls die Sprunggelenkbeweglichkeit und bringen die Biomechanik beim Gehen durcheinander. Stellen Sie sich vor, Sie müssten den ganzen Tag mit den Händen in Fäustlingen arbeiten. Wie müssten Sie das kompensieren, oder welche übertriebenen Handbewegungen wären nötig, um etwas aufzuheben? Schuhe sollten die Straßenhaftung erhöhen, vor dem Wetter und vor spitzen Objekten schützen, aber nicht so stark, dass sie die Gehmechanik negativ beeinträchtigen.

Flip-Flops — Hier müssen Sie die großen Zehen verkrampfen, um die Schuhe am Fuß zu halten. Das verändert Ihre Gehweise und überanstrengt die Plantarfaszie, versteift die Sprunggelenke und belastet die Achillessehnen. Es ist von der Natur nicht vorgesehen, dass Ihr großer Zeh mit dem zweiten zusammengeklemmt wird. Und obwohl die meisten Zehensandalen flach sind, profitieren Sie längst nicht von den Vorteilen, die Barfußlaufen liefert. Schuhe, die Ihre Haltung und Biomechanik verändern, sollten Sie nur tragen, wenn es die Situation erfordert – wie auf Hochzeiten oder anderen speziellen Events. Abgesehen davon, sollten Sie nach Möglichkeit immer eine der folgenden Optionen wählen:

Barfuß — So oft wie möglich barfuß zu gehen trägt nicht nur dazu bei, natürlich zu gehen, sondern verbessert auch Propriozeption, Gleichgewicht und Haltung und kräftigt Füße sowie Beine. Sie müssen deswegen nicht der schräge Vogel werden, der seine Kinder barfuß von der Schule abholt. Versuchen Sie aber, so oft wie möglich ohne Schuhe zu gehen, insbesondere wenn Sie gut darauf verzichten können, wie bei der Hausarbeit. Außer wenn Sohlen die Fußsohlen schützen sollen, sind dies perfekte Momente, um barfuß zu laufen. Wir haben immer wieder Klienten, die dies umsetzten und es damit und durch weniger fakultatives Sitzen schafften, ihre Rücken-, Knieund Sprunggelenkprobleme zu lindern oder sogar ganz wegzubekommen.

Flache, nur minimal gepolsterte Schuhe — Vor 20 Jahren ging es nur um den Stil, aber langsam erkennen Schuhfirmen, dass es einen großen Markt an Menschen gibt, die gesund leben wollen. Folglich gibt es heute auch immer mehr flachere, minimal gedämpfte Schuhe (»Null-Sprengung«). Sie finden solche Schuhe vielleicht nicht besonders schick, doch kann man auch dieses »Problem« umschiffen. Unser Vorschlag dafür: Tragen Sie Ihre Absatz- oder Anzugschuhe, wenn Sie durch die Bürotür treten und zum Mittagessen gehen, aber ganz ehrlich: Würde es wirklich jemand bemerken und stören, wenn Sie an Ihrem Schreibtisch in flache Modelle wechselten? Ein paar Stunden in High Heels, Anzugschuhen oder Flip-Flops werden Ihren Körper nicht nachhaltig verändern oder dessen Biomechanik grundlegend revidieren. Vielleicht spüren Sie das an Schienbeinschmerzen oder brennenden Füßen, aber es passiert nichts, was Sie nicht mit ein wenig Gewebemobilisation beheben könnten. Erst wenn Sie tagaus, tagein diese schrecklichen Schuhe tragen, beginnen die wahren Probleme.

 

Der Entengang

Probleme mit den großen Zehen — Die Fußaußendrehung beim Gehen richtet verheerende Schäden an den großen Zehen an. Wenn Sie am Großzehenansatz einen knochigen Höcker (Ballenzeh) haben oder beim Sport oder Laufen bereits eine Turf-Toe-Verletzung (»Kunstrasenzehe«) erlitten haben, sollten Sie das Folgende aufmerksam lesen.

Beim Gehen mit gerader Fußstellung streckt sich der große Zeh natürlicherweise in Verlängerung des ersten Mittelfußknochens, der genau dahinter liegt. Dieses Scharniergelenk erlaubt Auf-und-ab-Bewegungen. Nachaußen zeigende Füße erzeugen beim Abrollen des Zehs eine Belastung schräg zur Achse des Mittelfußknochens. Man könnte auch sagen, Ihr großer Zeh weicht nach innen zu den anderen Zehen aus. Er beugt und streckt sich nicht gerade, sondern zur Seite, was für Fuß und großen Zeh zur unabwendbaren Katastrophe wird. Diese schräg zur Knochenachse wirkende Kraft ist brutal und kann selbst den Zähesten von uns schachmatt setzen. Dazu kommt, dass der geschwollene, wunde Zeh so weit weg vom Herzen ist, wie es nur geht – an einer äußerst trägen Stelle (das ganze Blut und alle anderen Fluide versuchen, sich hier anzusammeln). Man kann sich wirklich darauf verlassen, dass die Schwellung in dem Bereich bleibt und so lange Schmerzen verursacht, bis die Situation behoben ist.

Sprunggelenkprobleme — Ihre Sprunggelenke sind so konstruiert, dass die Fußgewölbe sie stützen müssen. In dem Moment, in dem das nicht passiert, suchen sie neue Stabilität, indem sie nach innen kollabieren (Pronation). Dies passiert typischerweise, wenn Sie sich im Stand mit ausgestellten Füßen bewegen oder wenn Ihre Fußgewölbe schwach oder die Füße versteift sind. Doch egal, ob das Problem mechanisch ist oder auf mangelnder Beweglichkeit beruht; diese Kompensation kann eine Menge Probleme bereiten. Sie rollen mit jedem Schritt buchstäblich über die Sprunggelenke ab, als ob Sie 10 000 minikleine Male pro Tag umknickten. Diese Schrägbewegung kann die Achillessehnen schwächen und ihre Funktion stören, die Waden verhärten und die Sprunggelenkbeweglichkeit einschränken.

Unterm Strich sind die Füße das Fundament des ganzen Körpers. Wenn sie beim Gehen nach außen gedreht werden, kollabieren langfristig die Fußgewölbe. Geschwächte Füße ziehen viele Probleme nach sich, die sich die ganze kinetische Kette entlang nach oben arbeiten können. Stützende Einlagen in den Schuhen sind keine legitime Lösung, da sie schwache, überdehnte und bereits ruinierte Füße wenig heilen. Nur wenn die Füße so kollabiert sind, dass ohne sie weder Gehen noch Stehen ohne unerträgliche Fußschmerzen möglich ist, können sie von Nutzen sein. Ebenso beim Tragen von Skistiefeln oder Fahrradschuhen, durch die im Zuge der Anstrengung Fußgewölbe oder Knie nach innen kippen würden. Die gute Nachricht: Ihre Füße sind dafür gebaut, sich zu erholen und lange zu funktionieren. Obwohl der Fuß ein Wunderwerk an Knochen, Bindegewebe und Muskeln ist, können kollabierte Fußgewölbe wiederhergestellt werden. Hier ist Ihr Rezept dafür:

1. Tragen Sie keine Schuhe mehr, die der natürlichen Biomechanik des Gehens entgegenwirken, indem sie die Achillessehnen verkürzen und die Füße versteifen. Oder, einfach gesagt: Wechseln Sie in flache Schuhe und laufen Sie möglichst oft barfuß.

2. Stehen, gehen und bewegen Sie sich mit gerade gestellten Füßen. Es gibt Menschen mit strukturellen Einschränkungen, die eine neutrale Fußstellung verhindern. Für die meisten von uns ist die gerade Fußstellung die Lösung vieler Probleme. Wir können damit effizient gehen – d. h. so gehen, wie es für unsere Körperkonstruktion vorgesehen ist. Genau wie die neutral gestellte Wirbelsäule erfordert auch Gehen mit geraden Füßen Achtsamkeit. Damit das Stehen, Gehen und Bewegen mit gerader Fußstellung zur Gewohnheit werden, müssen Sie sich während des Tages ständig überprüfen. Sobald Sie sich mit ausgedrehten Füßen erwischen, richten Sie diese wieder in der Neutralstellung aus. Wenn Sie feststellen, dass Sie mit Entenfüßen laufen, wenden Sie sich dieser Aktivität bewusst zu und gehen mit geraden Füßen weiter.

3. Mobilisieren Sie Ihre Füße täglich. Sind Ihre Hüftvorderseite (Hüftbeuger), Unterschenkel, Sprunggelenke oder Füße nur bedingt beweglich, kompensiert der Körper dies, indem er die Füße ausdreht. Wenn Sie die Beine nicht gut hinter den Körper strecken können, rotieren diese nach außen (die Füße drehen aus), um das Problem zu lösen. Das Gleiche passiert an den Sprunggelenken. Wenn Muskeln und Gewebe unterhalb des Knies verhärten, kann das ebenfalls die Füße ausdrehen. Diesem Problem begegnen Sie mit den Mobilisationen in Rezept 12 (Seite 326). Die Hüftstreckung verbessern Sie mit Rezept 9 (Seite 304). Für eine bessere Sprunggelenkmobilität und um das Gewebe der Zehen und Fußunterseiten wieder geschmeidig zu machen, mobilisieren Sie mit Rezept 13 (Seite 334).

 

Euer Dr. Kelly Starrett

Auszug aus „Sitzen ist das neue Rauchen“

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Serie zur Verbesserung der Mobilität, Hüfte – Teil 2

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Im heutigen Mobilitätstipp seht ihr eine Variation der Taube aus dem Yoga. Mit dieser Variante versuchen wir die hintere Gelenkkapsel unserer Hüfte zu mobilisieren und dadurch unsere Hüftbeweglichkeit zu verbessern. Der Stretch sollte in diesem Fall mindestens zwei Minuten gehalten werden. Er kann noch ein wenig intensiviert werden indem man mit den Armen etwas vom hochgelagerten Knie weg wandert und versucht den Bauchnabel in Richtung des vorderen Knies zu bewegen.

Der Stretch ist sinnvoll im Warmup oder als Teil einer Regenerations- oder Beweglichkeitseinheit. Bei Schmerzen vorne in der Hüfte sollte das Knie weniger hoch gelagert werden. Als Vorher-/Nachher-Test könnte man zum Beispiel eine tiefe Kniebeuge mit dem eigenen Körpergewicht probieren.

Euer Ole Foerster

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Der Klokov Squat

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Wenn Du mehr zu Krafttraining, dem Klokov Squat & weiteren Kniebeugen-Varianten und ihrem Einsatz im Training erfahren willst, dann melde Dich zum YPSI Strength Coach Mentorship Level 1 mit Wolfgang Unsöld am 15./16.Oktober im FT Club in München an. Zur Anmeldung direkt hier!

 

Der Klokov Squat (engl. Kniebeuge) ist eine Variante der Kniebeuge die nach Dmitry Klokov, einem russischen Gewichtheber, Weltmeister 2005 und Vize Olympiasieger von 2008 in der 105kg Gewichtsklasse, benannt ist. Dmitry Klokov popularisierte verschiedene Kniebeugen-Varianten mit einer Pause in der mechanisch unvorteilhaften Position – bei der Kniebeuge ist dies unten.

Einer der Vorteile einer Pause in der mechanisch unvorteilhaften Position ist die Reduktion des Stretch Reflex und der dadurch gespeicherten Energie in der Faszie, was eine höhere Rekrutierung der Muskelfasern zur Folge hat.

 

Was ist der Stretch Reflex?

Der Stretch Reflex, der auch oft myostatischer Reflex genannt wird, ist eine vorprogrammierte Reaktion des Körpers auf einen Dehnungsreiz des Muskels, wie den am Ende einer exzentrischen Kontraktion. Dies ist eine Schutzmaßnahme des Muskels, um einen Muskelriss zu verhindern. Zum einen ist es eine Reaktion der Muskelspindelzellen, zum anderen ist es elastische Energie, die in der Faszie gespeichert wird. Dieser Stretchreflex unterstützt die Initiierung der konzentrischen Kontraktion. Dies ist der Grund warum es einfacher ist bei einer Kniebeuge den Umkehrpunkt von exzentrischer zu konzentrischer Kontraktion in der untersten Position mit einem „Bounce“ (engl. Abfedern), der den Stretch Reflex nutzt, zu überwinden. Statt kontrolliert den Umkehrpunkt zu überwinden und so mehr Muskelfaser rekrutieren zu müssen, wird oft, insbesondere von Anfängern, der Stretch Reflex via „Bounce“ zu Hilfe genommen. Hauptnachteile hiervon sind erhöhtes Verletzungsrisiko sowie ein geringeres Progressionspotential des Power Output des Stretch Reflex im Vergleich zum Power Output der voluntären Muskelkontraktion.

Der Stretch Reflex als Trainingstool hat seine Aufgabe insbesondere bei Übungen wie Klimmzügen und Kniebeugen bei fortgeschrittenen Leistungssportlern, wie zum Beispiel im Sprint oder im Gewichtheben.

Eine Pause am Umkehrpunkt von exzentrischer zu konzentrischer Kontraktion wie beim Klokov Squat reduziert diesen Stretch Reflex und zwingt so den Trainierenden mehr Kontrolle zu entwickeln und mehr Muskelfasern zu rekrutieren.

 

Die Reduktion des Stretch Reflexes in Relation zur Pause verhält sich wie folgt:

1 Sekunde – 50-60%
2 Sekunden – 80-90%
3 Sekunden – 100%

Bei fortgeschrittenen Trainierenden mit hoher Maximalkraft können diese Zeiten abweichen, da sie im Stande sein können den Stretch Reflex länger aufrecht zu erhalten.

Ein weiterer Vorteil der Pause ist, das es einfacher ist Technik und Körperposition, insbesondere im unteren Bereich, zu optimieren. Insbesondere bei der Optimierung der Haltung in der untersten Position ist die Ellbogenposition unter der Langhantel entscheidend um den Brustkorb aufzurichten, den horizontalen Abstand von Langhantel zum fünften Lendenwirbel – und damit die Belastung des unteren Rückens – zu verringern und mehr Fasern des Vastus Mediales zu rekrutieren.

Der Klokov Squat ist eine fortgeschrittene Kniebeugen-Variante um die Kontrolle in der Exzentrischen sowie in der unteren Position zu steigern.

Ich verwende und empfehle, je nach Trainingsstatus, Ziel & Programm Design, 5 bis 12 Sätze à 1 Wiederholung mit einem 7610 Tempo mit 180 bis 240 Sekunden Pause zwischen den Sätzen, für optimalen Trainingsreiz und konstante Progression.
 
Das 7610 Tempo entspricht einer Exzentrischen Phase von 7 Sekunden, gefolgt von 6 Sekunden Pause in der untersten Position und einer Konzentrischen Phase von ca. 1 Sekunde

Der „Spread“ – der Unterschied zwischen leichtestem und schwersten Satz einer Einheit – sollte beim Klokov Squat ca. 30% betragen, um eine qualitativ hohe Reizdichte und konstanten Fortschritt von Einheit zu Einheit zu ermöglichen.

 

Der Klokov Squat eignet sich ausgezeichnet für folgende Szenarien:

– Zur Steigerung der Maximal- und Relativkraft.
– Um ein Plateau in der Kniebeugenleistung zu überwinden.
– Für Trainierende, deren limitierender Faktor die Kontrolle das Ablassen ist.
– Für Trainierende, deren limitierender Faktor die Kontrolle in der untersten Position ist.
– Für Athleten in Power-Sportarten wie Diskus, Kugelstossen und dem Bobsport.
– Für Athleten in Sportarten mit Gewichtsklassen, die Kraft aufbauen wollen ohne ihr Körpergewicht zu steigern, wie Judo, Ringen und MMA.

 

Viel Erfolg mit dem Klokov Squat!

Euer Wolfgang Unsöld

 

Wenn Du mehr zu Krafttraining, dem Klokov Squat & weiteren Kniebeugen-Varianten und ihrem Einsatz im Training erfahren willst, dann melde Dich zum YPSI Strength Coach Mentorship Level 1 mit Wolfgang Unsöld am 15./16.Oktober im FT Club in München an. Zur Anmeldung direkt hier!

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Strategien zur Bewegungsvorbereitung

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Als Trainer bekommt man immer wieder die Frage gestellt, welche Art des Warm-Ups am besten geeignet ist. Die Antwort lautet wie so häufig: „Es kommt darauf an“. Die Zeiten in denen das Warm-Up lediglich aus 10 bis 15min Laufband, Fahrradergometer oder Crosstrainer bestand, sind vorbei. Auch das typische Aufwärmprogramm eines Kraftsportlers mit ein bis zwei Sätzen bei leichter bis moderater Last, erscheinen zumindest isoliert betrachtet nicht mehr zeitgemäß. Aktuelle Strategien befassen sich mit verschiedenen Mitteln und Methoden der Bewegungsvorbereitung im Rahmen eines dynamischen Warm-Up-Programms.

Diese sogenannten Movement-Preparation-Strategien stellen im Verlauf der Weiterentwicklung eines funktionellen Trainingsansatzes eine logische Konsequenz dar, den Organismus des Trainierenden als Ganzheit zu betrachten und die verschiedenen Subebenen auf eine vielfältige Reizsetzung im Trainingsprogramm vorzubereiten. Diese Subebenen betreffen sowohl den aktiven und passiven Stütz- und Bewegungsapparat, das Herzkreislauf- und Atmungssystem als auch den Stoffwechsel. Auch die Aktivierung der Bahnung zwischen dem peripheren und zentralen sowie autonomen Nervensystem in Verbindung zwischen Sensorik und Motorik wird hierbei mit aufgegriffen.

In den letzten Monaten wurden bereits viele Beiträge zur Thematik Warm-Up veröffentlicht. In diesem Beitrag werden ergänzend zu diesen Praxisbeiträgen verschiedene Strategien zur Bewegungsvorbereitung vorgestellt, um überblicksartig mögliche Kategorien aufzuzeigen. Diese Kategorien werden hier auf den Punkt gebracht, um diese für bestimmte Zielstellungen in der jeweiligen Trainingseinheit gezielt auszuwählen und anzuwenden. Zwischen diesen Kategorien existieren zum Teil große Schnittmengen, dennoch sollen Trainerinnen und Trainer dafür sensibilisiert werden, bewusste Entscheidungen für die Zusammenstellung eines individuellen Warm-Up-Programms bezugnehmend auf die jeweilige Zielstellung in den Hauptteilen der Trainingseinheit zu treffen.

 

Soft Tissue Work

Hier geht es darum das Gewebe auf die Belastung vorzubereiten. Genutzt wird dabei die Technik des Myofaszial-Release mit Hilfe der Foam Roll oder anderen Hilfsmitteln. Ziel ist es, Verklebungen im Gewebe zu lösen und diese Bereiche damit optimal auf das Training vorzubereiten. Bearbeitet werden vor allem die Bereiche, die für das spätere Training wichtig sind und individuelle Schwachpunkte, diese gilt es durch verschiedene Test- und Diagnosetools herauszufinden. Genauere Einzelheiten zum myofaszialen Training sind in diversen anderen Beiträgen im Functional Training Magazin erschienen.

 

Active Isolated Stretching und Dynamic Stretching

Dynamic Stretching dient der Verbesserung der Beweglichkeit, durch kurz gehaltene Dehnpositionen, welche durch eine aktive Bewegung hervorgerufen werden. Sie bereiten so den Körper auf die kommenden Belastungsanforderungen im Rahmen der möglichen Range of Motion der Körpergelenke vor. Mit Hilfe des Active Isolated Stretching wird gezielt die Flexibilität verbessert; vor allem in Bereichen, in denen individuelle Defizite vorliegen oder die für das folgende Training wichtig sind. Aktiv dynamische Stretching-Varianten weisen dabei eine große Schnittmenge mit Mobilitätsübungen auf.

 

Mobility Work

Ziel dieser Übungen ist es, die Mobilität zu verbessern. Die Mobilität setzt sich aus der Flexibilität der Muskulatur und des Bindegewebes sowie dem möglichen Bewegungsausmaß des Gelenkes zusammen. Spezielle Übungen fördern diese Bereiche gezielt. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass für die meisten Menschen eine Verbesserung im Bereich Sprunggelenk, Hüfte und Brustwirbelsäule wünschenswert und auch leistungsfördernd ist. Beim Mobilitätstraining werden einzelne Muskeln und Muskelketten durch gezielte Bewegungen aktiviert, es erfolgt also immer durch eine willkürliche und aktive Ansteuerung.

 

Core Activation

Die Aktivierung des Cores betrifft neben dem Rumpf auch den Schulter- und Hüftgürtel. Diese Bereiche werden aktiviert, um später beim Training Stabilität in vertikaler und horizontaler Richtung geben und Kraftimpulse auf die oberen und unteren Extremitäten übertragen zu können. Neben Plankvariationen, können hier z.B. auch der Handwalk für den Schultergürtel und die Glutebridge für den Hüftgürtel durchgeführt werden. Einzelne Übungsausführungen zur Brustwirbelsäulenmobilisierung dienen dabei parallel der Aktivierung in der rumpfstabilisierenden Muskulatur. Auch in diesem Bereich kann also sehr zeitsparend mit der Kombination aus verschiedenen Zielstellungen gearbeitet werden.

 

Movement Integration

Die Einbindung von Bewegung wie Skippings, Kniebeugen oder Lunges fördert die Erhöhung der Körperkerntemperatur und bereitet den Organismus auf die nachfolgenden Belastungsanforderungen vor. Herz-Kreislauf-, Atmungs- und Stoffwechselsystem sowie das vegetative und zentrale Nervensystem werden hierbei integriert und zeitökonomisch aktiviert. Formen des Lauf-ABC’s können hierbei ebenfalls sinnvoll eingebaut werden. Aus diesem Grund sollten die Bewegungen so gewählt werden, dass sie zur nachfolgenden Belastung passen. So sind beispielsweise für einen Sprinter vor allem lineare Bewegungen und für einen Tennisspieler Bewegungen die lateral verlaufen, besonders geeignet.

 

Neural Activation

Vor allem im Alter sollte auf diese Art des Trainings und der Bewegungsvorbereitung nicht verzichtet werden, da die Fähigkeit der Muskulatur schnell zu reagieren in der Lebensspanne deutlich abnimmt. Zudem ist es für die Sturzprophylaxe besonders wichtig, da durch das Training die geforderten Aktivierungsabläufe in den beanspruchten Muskelketten besser funktionieren. Durch die Übungen wird die Ansteuerung der Muskulatur über das zentrale und periphere Nervensystem verbessert. Hier reichen kleine schnelle Sprünge oder Sprints am Ort aus, um eine Verbesserung zu erzielen und die Reizleitung für das folgende Training zu aktivieren. In aktuellen Empfehlungen zur Leistungssteigerung in Folge eines funktionellen Warm-Up-Programms wird in diesem Zusammenhang auch die Begrifflichkeit der Post-Activation-Potentiation verwendet.

In welchem Umfang welche Strategie und welche Übungen gewählt werden, hängt von der nachfolgenden Belastungsgestaltung sowie den Stärken und den Defiziten der Trainierenden ab. Nicht für jede Belastung muss das vollständige Programm durchlaufen werden. Ziel sollte es sein, sinnvoll und zeitökonomisch bestimmte Schwerpunkte individuell für das Warm-Up-Programm zusammenzustellen. Somit lässt sich mit einer durchdachten Strategie zur Bewegungsvorbereitung das Erwärmungsprogramm zusätzlich für mittelfristige Zielstellungen nutzen. Bei 2 bis 3 Trainingseinheiten pro Woche macht das addiert eine Interventionszeit von 30 bis 45 Minuten die effektiv nicht nur für die kurzfristige Bewegungsvorbereitung genutzt werden sollte. Denn Zeit ist ja bekanntlich gleich Kapital – unser Körper dementsprechend auch. Durch den kreativen und variablen Einsatz unterschiedlicher Übungen, kann somit auch die allgemeine Bewegungs- und Wahrnehmungskompetenz gefordert und gefördert werden.

Wenn ihr Anregungen zum Beitrag habt oder zusätzliche Strategien hinzufügen würdet, meldet euch bei uns. Wir stehen für einen Austausch jederzeit zur Verfügung.

Euer Dr. Thomas Gronwald und Claas Benk

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Praktische Überkopf-Mobilität für Gewichtheber

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Matt Foreman schrieb letzte Woche einen überaus positiven Artikel über Alyssa Sullay – eine Gewichtheberin, mit der ich bereits seit einer Weile zusammenarbeite. Wir erhielten anschließend eine Reihe von Zuschriften mit der Bitte um weiterführende Informationen darüber, was Alyssa und ich genau gemacht haben, um ihre Überkopf-Position zu verbessern. Ich werde in diesem Artikel zu erklären versuchen, wie wir in den letzten ca. vier Jahren vorgegangen sind. Am Anfang schaffte sie im Overhead Squat gerade einmal 30kg, mittlerweile reißt sie stattliche 83kg.

Ihre Überkopf-Position ist noch lange nicht optimal; sie ist immer noch ihr größtes Manko im Snatch (Reißen) und Jerk (Stoßen). Aber mittlerweile schafft sie im Snatch 83kg, im Jerk 105kg und im Power Jerk 100kg – und das bei einem Körpergewicht von 63kg; sie hat also gewaltige Fortschritte gemacht. Außerdem trainiert sie fünf- bis neunmal in der Woche und nimmt ihren Sport sehr ernst; sie hat hart und lange gearbeitet, um so weit zu kommen. Erwarte nicht, dass du diesen Artikel liest und deine Überkopf-Probleme in einigen Wochen beheben kannst.

Alyssa verfügt in den Fußgelenken und Hüften über eine hohe Mobilität, aber jeder Athlet muss die Beweglichkeit seines Unterkörpers individuell prüfen, um auszuschließen, dass diese für eine eingeschränkte Überkopf-Position verantwortlich sind oder zumindest dazu beitragen. Darauf achtet man oft nicht – in vielen Fällen liegt im oberen Rücken und den Schultern eine mehr als angemessene Mobilität vor, aber eine eingeschränkte Beweglichkeit der Fuß- und Hüftgelenke bringt den Gewichtheber in eine ungünstige Hockposition, die der Oberkörper dann irgendwie ausgleichen muss.

Ein Großteil der Arbeit, die Alyssa geleistet hat, um das Problem zu beheben, fand im Kraftraum statt, aber sie hat auch andere Maßnahmen ergriffen, beispielsweise Termine beim Chiropraktiker wahrgenommen und ihr Weichgewebe mit Selbstmassagen usw. behandelt.

Wir können unsere Arbeit in zwei Hauptkategorien aufteilen: Mobilität und Kraft/Stabilität.

 

Mobilität

Alyssa hat zwei grundlegende Probleme, die ihre Mobilität beeinträchtigen – einen sehr verspannten Schultergürtel, d.h. verkürzte Brustmuskeln, und eine hyperkyphotische Brustwirbelsäule. Diese beiden Schwachstellen machen die Überkopf-Mobilität und Stabilität eines jeden Gewichthebers zunichte, weil – ungeachtet der vorliegenden Kraft und Technik – die Einnahme einer korrekten Körperhaltung verhindert wird.

Es ist also naheliegend, dass sich ihre Mobilitätsarbeit darauf konzentrieren muss, ihre Brustwirbelsäule in eine bessere Position zu bringen und den Schultergürtel zu dehnen. Für die Mobilität der Brustwirbelsäule tun wir einiges, und über die Jahre hinweg haben wir alles Mögliche ausprobiert. Nachfolgend möchte ich die wichtigsten und bewährtesten Übungen vorstellen:

 

Foam Rolling

Alyssa mobilisiert ihre mittlere und obere Rückenpartie mehrmals am Tag mit einer quer unter der Wirbelsäule abgelegten Hartschaumrolle, als Minimalanforderung bzw. Teil des Programms, das sie vor dem eigentlichen Training absolviert. Das ist eine sehr einfache, unkomplizierte Methode, um die Brustwirbelsäule in Bewegung zu versetzen und zu lockern. Ansonsten legt sie sich einfach auf die Rolle, normalerweise mit über den Kopf gestreckten Armen, und versucht sich zu entspannen bzw. in die Rolle zu „sinken“. Sie verweilt mehrere Sekunden an verschiedenen Stellen und arbeitet sich von der Rückenmitte bis zum Nackenansatz vor.

 

Halbrolle

Wir haben bei ihr auch eine andere Variante angewendet: sie legt sich auf eine Hartschaumrolle, die der Länge und Breite nach halbiert ist. Sie bringt diese Halbrolle unter ihre Brustwirbelsäule, so wie einen normalen Foam Roller, kann aber länger in dieser Position verweilen, weil die Rolle flacher und etwas weicher ist. Manchmal hält sie dabei eine Hantelscheibe in jeder Hand und die Arme in einer 90/90-Position (d.h. also die Schultern und Ellbogen jeweils im rechten Winkel vom Körper gebeugt). Damit kombiniert sie die Mobilisierung der Brustwirbelsäule mit einer Dehnung des Schultergürtels.

 

Leaning Bar Hang

Dies ist eine meiner Standarddehnungen für den Schultergürtel; einfach, unspektakulär und effektiv – so wie ich es mag. Man hängt sich dabei an eine Klimmzugstange und hält die Hände wie beim Jerk oder etwas breiter auseinander; die Zehen bleiben einen halben bis einen Meter hinter der Klimmzugstange am Boden (oder bei Bedarf auf einem Kasten abgestellt), man lehnt sich nach vorne und wölbt die Brust nach vorne (der Bodenkontakt ermöglicht die vorwärts geneigte Haltung, wodurch man sich intensiver dehnen kann). Der große Vorteil dieser Dehnung ist, dass sie den unteren Rücken ordentlich unter Zug setzt, was für Gewichtheber sehr vorteilhaft ist.

bar-hang Leaning Bar Hang

 

Brustdehnung am Türstock

Dies ist eine weitere, überaus einfache Dehnung, die wahre Wunder wirkt. Lege den Unterarm mit leicht gebeugtem, über Schulterhöhe befindlichem Ellbogen auf den Türstock oder Pfosten eines Power Racks und drücke die Brust vorwärts, um den Schultergürtel zu öffnen.

door-strech Brustdehnung am Türstock

Unterarmdehnung

Wieder einfach und effektiv. Ich amüsiere mich jedes Mal, wenn ich sehe, wie sich so mancher Zeitgenosse kunstvoll mit einem Widerstandsband verschnürt, um eine vergleichbare Dehnung zu erzielen, diese letztlich aber nur unnötig kompliziert und weniger effektiv macht. Hebe deinen Arm über den Kopf, beuge den Ellbogen maximal und lege die Rückseite des Unterarms möglichst flach auf den Pfosten eines Power Racks o.ä. Spanne die Bauchmuskeln an, um eine lumbale Hyperextension zu vermeiden, und lehne dich nach vorne, um die Schulter möglichst zu öffnen. Benutze die freie Hand, um das Handgelenk des gedehnten Arms zu halten, und drücke es leicht nach außen.

shoulder Unterarmdehnung

 

Mobilisierung der Brustwirbelsäule mit Partner

Dies ist eine Übung, die unser Chiropraktiker vor einigen Jahren eingeführt und sich als sehr hilfreich erwiesen hat; Alyssa macht diese Übung vor jedem Workout. Sie kniet sich auf den Boden, streckt ihre Arme über den Kopf und stützt die Ellbogen auf einem Kasten oder einer Trainingsbank ab, wodurch ihr Rumpf parallel zum Boden steht. Ich lege meine Daumen auf beiden Seiten ihrer Wirbelsäule auf, übe leichten Druck aus und wandere mit den Daumen auf und ab, um ihren sehr verspannten und hyperkyphotischen Rücken ein wenig zu lösen.

partner Mobilisierung der Brustwirbelsäule mit Partner

 

Brustdehnung

Ich finde diese Bezeichnung lustig. Alyssa macht diese Dehnung normalerweise gleich im Anschluss an die Mobilisierung der Brustwirbelsäule mit Partner. Sie geht in den Fersensitz und verschränkt ihre Hände hinter dem Kopf. Ich drücke einen meiner Oberschenkel gegen ihren Rücken, um ihre Haltung zu fixieren, und ziehe ihre Ellbogen zurück. Man kann diese Dehnung auch variieren und mit gerade nach oben gestreckten Armen ausführen.

brust-2 Brustdehnung

 

Stabilität & Kraft

Mobilität und Stabilität sind untrennbar miteinander verbunden – beide Eigenschaften müssen gleichermaßen ausgeprägt sein, damit alles ordentlich funktionieren kann. Die Überkopf-Position im Snatch und Jerk sind perfekte Beispiele dafür – eine angemessene Mobilität für die Einnahme der korrekten Position bringt nicht sonderlich viel, wenn man diese unter Last nicht aufrechterhalten kann. Dies ist teilweise eine Funktion der Kraft, aber auch ein unabhängiger Faktor der Propriozeption usw. Ich kombiniere die beiden Eigenschaften hier, weil es eine Menge Überschneidungen gibt, vor allem hinsichtlich der Art, wie wir sie trainieren.

Erstens weisen der Snatch und Jerk Parallelen auf, beispielsweise die zwei- bis dreisekündige Fixierung der Hantelstange über dem Kopf (normalerweise in der Hocke oder im Ausfallschritt) vor dem Aufrichten bzw. Strecken der Beine. Das ist eine effektive Methode, mit der man die Überkopf-Kraft und -Stabilität verbessern kann, ohne das Workout des Gewichthebers nennenswert zu verlängern, wie dies bei zusätzlichen Übungen oft der Fall ist.

Zweitens arbeiten wir daran, alle technischen Fehler zu beheben, die zur Instabilität in der Überkopf-Position beitragen. Je präziser der Bewegungsablauf ausgeführt wird, umso leichter ist es, die Hantel über dem Kopf zu fixieren, weil jede unnötige, willkürliche Bewegung minimiert wird. Für Alyssa bedeutet das, in der Sprungphase des Snatch bzw. in der Tauchphase des Jerk keine Vorwärtsbewegung zu machen.

Drittens achten wir darauf, dass sie sich gut aufwärmt – ich staune, dass dieser wichtige Punkt oft übersehen wird. Wenn man sich nicht angemessen aufwärmt, heißt das, dass man nicht in der Lage ist, den Bewegungsumfang abzurufen, über den man eigentlich verfügt.

Viertens benutze ich Übungen, um die Kraft und Stabilität in der Überkopf-Position gezielt zu verbessern. Manche davon (Overhead Squat, Snatch Push Press, Press in Snatch) kommen bei so ziemlich allen Gewichthebern zum Einsatz, während ich andere nur anwende, wenn es für den betreffenden Gewichtheber einen konkreten Bedarf gibt. Die folgenden Übungen benutze ich regelmäßig im Training mit Alyssa:

  • Jerk Support
  • Jerk Recovery
  • Push Jerk Behind the Neck in Split
  • Push Press Behind the Neck
  • Overhead Squat
  • Clean-grip Overhead Squat
  • Heaving Snatch Balance
  • Snatch Push Press
  • Press in Snatch
  • Push Jerk in Snatch

 

Praktische Anwendung

Hinsichtlich der Verbesserung der Schultermobilität (und die Mobilität im Allgemeinen) muss man wissen, dass sie eine frustrierende Kombination aus Konsequenz und Geduld erfordert: es gibt kein schnelles Patentrezept dafür.

Einige der oben genannten Übungen sollten nicht von Personen ausgeführt werden, die extrem unbeweglich sind – wenn Nackendrücken und ähnliche Übungen Schmerzen bereiten, sollten sie vermieden werden. Sobald sich die Beweglichkeit verbessert hat, werden Push Presses hinter dem Nacken vermutlich als erstes möglich sein, da der Schwung, der durch die Beine erzeugt wird, die Hantel durch den am stärksten eingeschränkten Bewegungsumfang bringt und somit die Anforderungen an die Schulterstrukturen reduziert. Mit zunehmender Mobilität kann die Beindynamik allmählich verringert und/oder das Hantelgewicht erhöht werden.

Das Fazit lautet: Absolviere täglich so viel Mobilitätsarbeit wie möglich, bleibe konsequent, und verwende in deinem Training Übungen, die dir helfen, deine Mobilität zu entwickeln oder zu erhalten und die Überkopf-Position zu stabilisieren. Aber stelle dich darauf ein, dass dieser Prozess langwierig und eintönig ist.

Euer Greg Everett

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Serie zur Verbesserung der Mobilität – Wirbelsäule

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Die Bewegungsfähigkeit unserer Wirbelsäule ist häufig stark eingeschränkt. Jahrelanges Sitzen führt dazu, dass wir unser Gefühl für die Wirbelsäule und unsere Fähigkeit sie zu bewegen verlieren. Mit dem heutigen Mobilitätstipp versuchen wir gleichzeitig die Beweglichkeit und Kontrolle unserer Wirbelsäule zu verbessern. Außerdem schulen wir das Verständnis dafür in welcher Position sich unsere Wirbelsäule befindet.

Die Bewegung kann einem am Anfang sehr schwer vorkommen und ist häufig nur schwer vorstellbar. In diesem Fall lohnt es sich mit Hilfe von elastischen Bändern einen taktilen Reiz als Feedback zu schaffen. Dazu ein Band über den Rücken legen und mit den Händen am Boden fest halten. Dann versuchen die Wirbelsäule an der Stelle an der das Band anliegt gegen die Spannung des Bands zu bewegen. Den Vorgang an verschiedenen Positionen der Wirbelsäule wiederholen und im Anschluss ohne Band versuchen.

Durch die langsame Ausführung reichen bereits wenige Wiederholungen aus um eine Verbesserung zu erreichen. Das Tempo der einzelnen Wiederholungen kann auch noch deutlich langsamer sein als im Video. Je schwerer die Bewegung fällt, desto mehr Zeit sollte damit verbracht werden. Anfangs sind zwei bis fünf Minuten eine gute Richtlinie. Die Übung kann im Warmup, nach dem Aufstehen, als kleine Bewegungspause im Büro oder in einer Mobility-/Regenerationseinheit eingebaut werden.

Falls Rückenschmerzen bestehen, dann sollte die Bewegung nur im schmerzfreien Bereich ausgeführt werden und die Bewegung in die Endpositionen vorsichtig stattfinden.

Euer Ole Foerster

 

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Die Wirbelsäule aktivieren

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Dieser Artikel ist ein Auszug aus „Sitzen ist das neue Rauchen“

 

Die Sequenz, die wir zum Ausrichten und Stabilisieren der Wirbelsäule einsetzen, ist sehr einfach und universell

Wir trainieren sie sogar mit Profi-Pitchern, Lineback-Spielern, Golfern und Balletttänzern. Mit nur wenig Übung gelingt sie dir bald in wenigen Sekunden oder noch schneller. Das Schwierige ist, sich daran zu gewöhnen. Wie bei allem im Leben macht auch hier die Übung den Meister.

In unserer schreibtischorientierten Welt sitzt, steht und bewegt sich die Mehrheit von uns seit langer Zeit nicht optimal. Glücklicherweise können wir aber alle neue Dinge lernen, insbesondere, wenn sie in unserer DNA verankert liegen. Es wird sicher nicht so einfach sein, wie die alten Gewohnheiten beizubehalten, und höchstwahrscheinlich rotiert dein Hirn, wenn du versuchst, dich an die Abfolgen zu gewöhnen und die jahrelangen ineffizienten Haltungen auszumerzen. Bevor die neuen Haltungen natürlich geworden und fest verwurzelt sind, können einige Wochen dauernden Überprüfens ins Land gehen. Das ist in Ordnung. Zu lernen, wie man sich gut bewegt, ist eine Fertigkeit, bei der man nie auslernt, die man aber immer weiter verfeinert. Aber wie beim Jonglieren bleibt einem diese Fertigkeit, wenn man sie einmal beherrscht.

Es sind zwar nur vier Schritte, doch passiert einiges, wenn du deine Wirbelsäulenhaltung neu aufbaust. Du musst Becken, Brustkorb und Kopf zurück in Reihe schalten und diese Haltung mit der Rumpfmuskulatur stabilisieren; du musst Schultern und Hüften so ausrichten, dass das Gesamtsystem auch diagonal stabil ist. Glaube mir , dass Idir das mit etwas Übung sehr natürlich erscheinen wird. Wir haben diese Sequenz bereits Zehntausenden von Kindern und Erwachsenen beigebracht.

Wie bei jeder schwierigen Aufgabe ist es wichtig, in kleinen Schritten vorzugehen. Bevor du lernst, unser Verankerungsmodell im Stand umzusetzen, streichen wir daher erst die Schwerkraft aus der Gleichung und richten die Wirbelsäule im Liegen aus.

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Der Grund dafür, im Liegen zu beginnen, ist einfach

Der Prozess wird dadurch weniger komplex. Im Stand musst du mit mehreren gegen die Schwerkraft arbeitenden Kräften kämpfen, um aufrecht zu bleiben. Ursprünglich willst du zwar die Neutralstellung finden, doch deine vertrauten Körpermuster tun, was sie immer tun – sie ziehen dich in die Position zurück, die du nur zu gut kennst. In Rückenlage auf dem Boden zu arbeiten minimiert die zusätzliche Belastung für die Wirbelsäule. Brustkorb, Kopf und Schultern gehen automatisch in eine neutrale Haltung, da der Boden bei der Ausrichtung hilft.

Bist du bereit für einen Versuch? Lege dich in Rückenlage auf den Boden, die Handflächen zeigen nach oben (wer Yoga macht, kennt dies als Shavasana-Pose). Wenn du nicht verletzt bist, ist diese Stellung vielleicht einige Minuten gemütlich. Den meisten fällt es jedoch schwer, die Position länger zu halten, insbesondere auf einem harten Untergrund. Ohne Spannung im Körper auf einer harten, flachen Oberfläche zu liegen bringt den Körper oft in leichte Überstreckung, was manchmal Schmerzen im unteren Rücken oder Unbehagen hervorruft. Viele Menschen tendieren daher dazu, im Liegen die Beine überzuschlagen. Für diese Übung ist es jedoch wichtig, die Beine nicht überzuschlagen.

Als ersten Schritt der Sequenz spannst du einfach die Gesäßmuskeln an. Du musst dabei nicht in die Vollen gehen; drei Viertel deiner maximal möglichen Anstrengung sind ausreichend. Die Kontraktion muss stark genug sein, um das nach hinten gekippte Becken leicht zum Brustkorb aufzuziehen. Nach ein paar Momenten in dieser Stellung solltest du merken, wie sich das Gewebe im unteren Rücken löst und wie die Anspannung dieser Körperregion nachlässt.

Durch das Anspannen (Zusammendrücken) der Gesäßmuskeln hast du gerade das Verhältnis zwischen Becken und Lendenwirbelsäule neu ausgerichtet. Der Boden ordnete automatisch Kopf, Schultern und Brustkorb besser übereinander aus, und die Gesäßkontraktion zog das Becken in eine natürlicherweise besser ausgerichtete Haltung. Herzlichen Glückwunsch! Du fandest gerade deine Neutralstellung, deinen Heimatstandort. Er balanciert den Rückenkomplex in seinem normalen, funktionellen anatomischen Verhältnis. Das Becken kippen oder eine nebulöse »perfekte« Beckenausrichtung finden musst du dabei nicht. Wir vertrauen darauf, dass deine eigene, persönliche Anatomie auf die für sie zuständige Muskulatur reagiert. Die Gesäßmuskeln sind speziell für das Becken konstruiert.

Glaube nicht, dass diese einfache Bewegung nicht ausgeklügelt genug ist, um der komplexen zugrunde liegenden Körperphysiologie gerecht zu werden. Ganz im Gegenteil. Die leistungsstarken Gesäßmuskeln zur Wirbelsäulenstabilisierung und -ausrichtung heranzuziehen ist eine bewährte Technik. »Den Po anspannen!«, rufen Gymnastiktrainer den Teilnehmern ihrer Kurse zu, seit es Gymnastik gibt.

 

Zwei weitere Gedanken:

  • Keine Sorge, wenn du beim Anspannen der Gesäßmuskeln nicht spürst, dass dein Becken die Stellung wechselt: dein Becken steht bereits in guter Relation zur Lendenwirbelsäule.
  • Und nein, du musst nicht den ganzen Tag wie verrückt die Gesäßmuskeln zusammenpressen. Das Anspannen richtet lediglich deine Haltung neu aus und stellt die richtige Körpergeometrie her.

Der nächste Schritt ist das Verankern oder Festmachen dieser neu gefundenen Wirbelsäulenhaltung, indem du die Rumpfmuskulatur anspannst. Bevor wir hier ins Detail gehen, müssen wir uns allerdings erst ein wenig mit deiner Atmung beschäftigen. Unter all den unglaublichen Funktionen, die unser Körper beherrscht, ist die Atmung einer der am meisten übergangenen und unterschätzten Mechanismen. Wir ließen dich gerade das Becken ausrichten, um die Basis zu schaffen, auf der wir dir erklären können, inwieweit Atmung und Wirbelsäulenstabilität Hand in Hand gehen. Denke dabei auch daran, was wir dir über die Folgen einer mangelhaften Wirbelsäulenausrichtung erzählten: Viele Funktionen der Körpergewebe werden dadurch haltungstechnisch behindert. Das gilt ganz besonders für das Zwerchfell als Herzstück unserer wunderbaren Atmungsmaschine.

 

Die vergessene Kunst biomechanisch guter Atmung

Atmung ist wie Bewegung angeboren und lebenswichtig. Damit gilt sie meist nicht als Fertigkeit, die entwickelt werden muss und Aufmerksamkeit benötigt. Doch genauso wie unsere Körperausrichtung im Sitzen, Stehen und Bewegen kann auch die Atmung qualitativ unterschiedlich sein – von mangelhaft bis optimal. Wir Menschen haben das Problem, dass unsere Umwelt erhebliche Kräfte auf unseren Körper ausüben kann, die zu Fehlanpassungen führen. Was die Atmung betrifft, machen die meisten von uns etwas Äquivalentes zum Fersenlauf. In unserer Arbeit sprechen wir immer zuerst die Biomechanik der Wirbelsäule an. Dies ist nicht möglich, ohne die Atmung miteinzubeziehen. Man vergisst auch nicht, dass der Kopf auf dem Hals sitzt, denn beides bildet ein verbundenes System.

Wir können dieses Verhältnis sogar noch erweitern und das zentrale Nervensystem in unsere Definition der Wirbelsäulenausrichtung aufnehmen. Die Atemtechnik – flache Halsraumatmung oder kraftvolle Zwerchfellatmung – hat Einfluss darauf, wie der Körper mit Stressfaktoren umgeht. Kurz gesagt, verändert eine mangelhafte Biomechanik der Wirbelsäule die Art und Weise, wie wir atmen.

Unser Körper interpretiert eine flache Halsraumatmung – die typischerweise bei sitzenden Menschen oder bei Sportlern auftritt, die außer Atem geraten – als Signal, dass die Stresshormonausschüttung der Kampf-oder- Flucht-Situation ausgelöst wird. Diese Fähigkeit, folgerichtig auf die Stressatmung zu reagieren, ist nützlich, wenn du noch für das Abendessen Beute schlagen oder deine Jungen vor Löwen verteidigen musst. Doch genau wie zu viel Kaffee verhindert, dass du abends abschalten und einschlafen kannst, wirkt auch das Stresssignal, das du mit deiner Halsraumatmung den ganzen Tag lang an das Gehirn sendest. Das ist eines der tieferliegenden Themen der Forschung, die Sitzen mit Schäden an unserer Physiologie in Verbindung bringt.

Der erste Schritt, um dieses Stress-Atmungsmuster zu unterbrechen, ist, das Atmungsvehikel der Wirbelsäule in eine bessere Form zu bringen. In Neutralstellung fällt es dem Körper leichter, standardmäßig seine natürliche, effiziente Atemtechnik zu verwenden.

Lege dich wie bei der vorherigen Übung auf den Rücken. Diesmal solltest du jedoch nicht die Gesäßmuskeln anspannen oder versuchen, deine Ausrichtung zu optimieren. Beuge anstatt dessen die Knie und ziehe die Fersen an die Hüften. In dieser Stellung sind die unteren Extremitäten locker, was Spannung aus Rumpf und Zwerchfell nimmt. Im Liegen muss zudem die Rumpfmuskulatur nicht den Körper gegen die Schwerkraft aufrecht halten; die Bauchatmung wird somit einfacher.

Lege nun die Hände übereinander auf den Bauch. Atme langsam und gleichmäßig durch die Nase ein und leite die Luft in den Bauch. Stelle dir vor, dass der Bauch die Hände beim Einatmen nach oben heben soll. Wenn du das richtig machst, bleibt der Brustkorb ruhig, dein Bauch schwillt an, und die Hände heben sich.

Kümmere dich nicht darum, besonders tief einzuatmen oder die ganze Luft aus den Lungen zu drücken. Atme ganz normal über die Nase und den Bauch ein und aus. Mache die Übung zwei Minuten lang. Das Ziel ist eine mühelose, bauchbasierte Atmung. Stelle dir vor, du gehst in ein Café, um dort das Verhalten der anderen Gäste zu beobachten. Achte heimlich darauf, wie die Leute atmen. Lade jeden Gast auf einen Latte macchiato ein, wenn du nur einen siehst, der das Zwerchfell zur Bauchatmung einsetzt. Keine Angst, das passiert bestimmt nicht. Im Sitzen sucht unsere natürliche Atmung meist das Weite. Das wahre Problem an dieser fehlenden Atemstrategie ist, dass damit die meisten unserer 20.000 Atemzüge täglich dysfunktional werden.

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Die bauchbasierte Atmung mit dem Zwerchfell ist die Atemtechnik, die du im Ruhezustand und während deiner alltäglichen Verrichtungen anwenden solltest. Es sichert den Zugang zu Ihrem parasympathischen Nervensystem, das der Gegenspieler zum sympathischen Kampf-oder-Flucht-System ist. Hast du dich schon einmal gewundert, warum man in stressigen Situationen oft aufgefordert wird, »ganz tief durchzuatmen«? Richtig: Tiefenatmung oder Bauchatmung ist die direkte Abkürzung zur Fähigkeit, den Stresspegel herabzusenken und zu entspannen. Außer bei anstrengenden Tätigkeiten wie Laufen oder Gewichtheben solltest du die meiste Zeit durch Nase und Bauch ein- und ausatmen.

 

Warum tut die Zwerchfellatmung sonst noch gut?

Zum einen entspannt es die Hals-, Gesichts- und Kiefermuskulatur, wenn man durch die Nase atmet. Hast du dich schon gewundert, warum Lauftrainer ihre Athleten anweisen, das Gesicht zu entspannen, wenn sie sprinten und infolgedessen kräftig atmen? Dazu kommt, dass die Luftwege in der Nase viel enger sind als die des Mundraums. Nicht nur, dass du damit vermeiden kannst, als »Mundatmer« bezeichnet zu werden: Durch die Nase zu atmen erzeugt mehr Luftströmungswiderstand und regt die Zwerchfellaktivität an, was längere und tiefere Atemzüge ermöglicht.

Natürlich weiten sich beim tiefen Einatmen auch der Hals- und Brustraum, der Rücken und der Brustkorb. Wenn du beispielsweise tauchen willst, nimmst du erst über Wasser so viel Luft wie möglich auf. Du atmest dafür über den Bauch ein, weitest aber auch den Hals- und Brustraum und den Rücken, um die Lungenkapazität maximal zu nutzen. Für das alltägliche, normale Atmen denkst du dir, dass der Atem im Bauch zu fließen beginnt. Dann steigt er seitlich am Brustkorb entlang nach oben. Stelle dir vor, du wärst ein mit Creme gefüllter Doppelkeks: Beim Atmen in den seitlichen Brustkorb atmest du in die Cremefüllung zwischen den Keksen.

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Wenn du am Computer arbeitest, E-Mails beantwortest oder einfach deiner Tagesarbeit nachgehst, solltest du bauchatmen. Wenn du gestresst bist oder merkst, dass du in dein altes, ungünstiges Atemmuster zurückfällst, richte deineAufmerksamkeit auf deine Atmung. Wahrscheinlich atmest du gerade in den Brust- und Halsraum. Wenn das passiert, solltest du zwei Minuten Pause machen und die Atmung korrigieren.

Der einfachste Weg, dem Körper zu vermitteln, dass alles gut läuft und sein Überleben nicht akut bedroht ist, besteht darin, die Zwerchfellatmung zu üben. Das Beste daran ist, dass man es überall machen kann. Du musst dich dafür nicht hinlegen, obwohl du dabei angenehm entspannen und sicherstellen kannst, dass der Rücken korrekt ausgerichtet ist. Du kannst es, unbemerkt von allen, im Sitzen, im Stehen oder sogar beim Gehen üben. Lege einfach die Hand auf den Bauch und atme durch die Nase ein und aus, während du die Luft in den Bauch hinein und am seitlichen Brustkorb wieder nach oben lenkst.

 

Die Wirbelsäule stabilisieren (und gleichzeitig atmen)

Da du deine Wirbelsäule jetzt korrekt ausrichten kannst und weisst, wie du über das Zwerchfell atmest, stabilisierst oder verankerst du als nächsten Schritt diese Haltung. Richte das Becken wie vorher in Rückenlage durch Anspannen der Gesäßmuskeln neutral aus. Dann atme tief in den Bauch hinein. Beim Ausatmen bringst du Spannung in die Bauchmuskeln, indem du versuchst, sie auf die Wirbelsäule zu drücken – als ob du deinen Rumpf um das Rückgrat herum einschweißen wolltest. Sauge den Bauch dabei nicht ein, sodass er hohl wird. Es ist schrecklich, sich so zu bewegen, und auch langfristig unklug, insbesondere weil man auch wieder einatmen muss. »Den Bauch einziehen!« ist einer der schlechtesten Ratschläge für deine arme Wirbelsäule. Die Bauchmuskeln sollten sich aber auch nicht nach außen wölben. Stelle dir  einfach vor, du würdest um die Wirbelsäule herum versteifen. Das lernst du am besten beim Ausatmen. Die Vorstellung, dabei den Bauchnabel vom Hosenbund wegzuziehen, macht deutlich, wie du die Rumpfmuskulatur korrekt in Ruhehaltung bringst.

Ein kleinerer Raum um die Wirbelsäule herum ist leichter zu stabilisieren und essenziell für gesunde Nervenfunktionen. Der höhere Druck im Bauchinnenraum durch die Stabilisierung entlastet zusätzlich die Bandscheiben, die sonst jede Last ständig aufnehmen müssen.

Der nächste Schritt in diesem Prozess ist es, die um die Wirbelsäule herum geschaffene Spannung zu dosieren. Die Rumpfmuskulatur sollte immer aktiviert sein und die Wirbelsäule stützen, wenn du aufrecht sitzt oder stehst. Du weisst bereits, dass du diesen Hauptstabilisierungsmechanismus nur abstellen darfst, wenn du dich im Sessel zurücklehnst, dich hinlegst oder schläfst. Ansonsten bekommt dein Rumpf eigentlich keine Ferien. Um dieses Konzept zu vereinfachen, empfehlen wir dir eine Standard-Arbeitsspannung von 20 Prozent.

Wie misst du 20 Prozent? Leider ist das keine genaue Wissenschaft. Der beste Weg, um die richtige Spannungsdosis zu finden, besteht darin, zuerst komplett zu entspannen – 0 Prozent. Beim Ausatmen machst du den Rumpf so steif wie möglich – 100 Prozent. Diesen Wert skalierst du nun nach bestem Wissen zurück auf 20 Prozent.

Diese Spannungsdosis lässt sich relativ gut den ganzen Tag halten, und du bist damit jederzeit aktionsbereit, um die Wirbelsäulenstabilität schnell zu erhöhen. Diese Hintergrundstabilisierung ermöglicht es dem Körper, seine reflexartige Wirbelsäulenstabilisierung zu optimieren, die du jetzt fest verdrahtet hast. Anstatt die Verankerungssequenz erst in Sekundenschnelle durchführen zu müssen, bist du schon in Aktion. Du musst lediglich die 20 Prozent auf 100 Prozent erhöhen. Im Prinzip funktioniert dies wie beim Autofahren: Es ist viel effizienter, von Tempo 30 auf 100 zu beschleunigen als von 0 auf 100.

Eine konstante Bauchmuskelspannung von 20 Prozent verleiht dir Durchhaltevermögen, sodass du steigern kannst, wenn die nächste Bewegung mehr Spannung fordert. Die meisten von uns können gut mehrere Sekunden lang die Spannung halten, wenn sie wissen, was auf sie zukommt. Leider funktioniert die Welt aber so nicht. Ziel ist eine fortlaufende Stabilisierung, die nicht dauernd Aufmerksamkeit benötigt. Du musst in der Lage sein, schnell ins Kinderbett zu greifen und dein schreiendes Baby herauszuheben, ohne erst deine Wirbelsäule in die Neutralstellung ausrichten zu müssen.

Dein Rücken-Stabilisationsprogramm sollte dir immer Schutz geben. Es erscheint etwas ungerecht, dass du eine gute Rückenhygiene erst lernen musst. Doch wie beim Zähneputzen wirst du irgendwann auch darüber nicht mehr nachdenken. Sich gut zu bewegen ist eine Fertigkeit, die man leicht üben kann, aber wie jede neue Fertigkeit dauert es, bevor sie in Fleisch und Blut übergeht.

 

Wir wollen dich nicht anlügen

Eine standardmäßige Bauchspannung herzustellen und zu halten sieht am Anfang nach Arbeit aus. Du aktivierst Muskeln und Gewebesysteme, die vielleicht schon Jahre im Dornröschenschlaf schlummern. Doch bald wirst du das mit etwas Übung instinktiv machen. Wie lange brauchst du dazu? Das hängt davon ab: Manch einer beherrscht es innerhalb einer Woche, bei anderen dauert es Monate. Im Endeffekt brauchst du einen schlüssigen, reproduktionsfähigen Plan dafür, den Rumpf zu stabilisieren. Wenn du Yoga oder Pilates kennst, weisst du, dass schon andere die Wichtigkeit dieser Rumpfstabilisierung erkannt und Techniken dafür entwickelt haben, sie zu unterrichten.

Nachdem du nun ausprobiert hast, wie es sich anfühlt, die Körperspannung für Routinetätigkeiten herzustellen, sehen wir uns an, wie es ist, die maximale Spannung zu produzieren. Für diese Übung stelle dir bitte vor, dass jemand über dir steht und gerade eine Bowlingkugel auf deinen Bauch fallen lässt. Was passiert wohl, wenn dein Rumpf dabei entspannt und der Bauch voller Luft ist? Nicht sehr hübsch, oder? Um den Aufprall der Bowlingkugel abzufedern, musst du ganz schnell alle Luft loswerden und gleichzeitig den Rumpf auf 100 Prozent Spannung bringen.

Rasch zeigt sich, dass bei 100 Prozent Spannung die Bauchatmung viel schwieriger ist als bei 20 Prozent. Das ist der Punkt: Du hast sozusagen ein Korsett um die Wirbelsäule gelegt. Wenn du versuchst, den Weltrekord im Gewichtheben zu brechen, musst du während der Bewegung nicht atmen. Genauso wenig musst du im Moment des Aufpralls atmen, wenn dir jemand einen Magenschwinger verpassen will. Du musst vielmehr um deine Körpermitte herum so viel Spannung wie möglich aufbauen, um die Wirbelsäule vor dem Schlag zu schützen.

Schwierig an der Sache ist es, zwischen maximaler Anspannung und Entlastung zu wechseln und gleichzeitig die neutrale Wirbelsäulenstellung und die Bauchatmung beizubehalten sowie die unterschiedlich benötigte Anspannung zu bemessen. Selbst Kobras breiten ihren Nackenschild nicht ständig aus. Wie viel Rumpfspannung erfordert ein Fünf-Kilometer-Lauf? Mehr als nur zum Briefkasten zu gehen, aber weniger als zum Aufheben einer schweren Kiste. Selbst manche unserer Spitzenathleten können nicht gleichzeitig stabilisieren und atmen. Kennst du die Kraftmenschen in der untersten Reihe einer Menschenpyramide? Sie balancieren die Last vieler Artisten und atmen gleichzeitig. Das kannst du vielleicht noch nicht: bei maximaler Belastung die maximale Rumpffestigkeit zu halten und dennoch zu atmen.

Wir haben hier einiges abgedeckt, daher eine kurze Zusammenfassung: Deine Gesäßmuskeln richten dein Becken zur Lendenwirbelsäule und dem Brustkorb aus (und bringen so die Wirbelsäule in Neutralstellung). Du verankerst alles an seinem Platz (oder stabilisieren die Haltung) durch Einsatz der Bauchmuskeln. Einfach, oder? Bevor du jetzt aber in deinerfunkelnagelneuen Haltung vor die Tür gehst, musst du noch ein weiteres Element berücksichtigen: wie du damit atmest.

 

Stabiler Rücken beim Atmen

Wenn man nicht weiß, wie man gleichzeitig die Wirbelsäule verankert und atmet, entscheidet man sich oft für eines von beiden: entweder durch Anhalten der Luft die Wirbelsäule zu stabilisieren oder die Wirbelsäulenstabilität zu opfern und zu atmen. Hier gibt es eine bessere Alternative. Lege dich auf den Rücken, spanne für die Beckenausrichtung die Gesäßmuskeln an und aktiviere die Bauchmuskeln mit 20 Prozent Rumpfspannung. Lege eine Hand auf den Bauch und die andere auf die Brust. Atme mit der Vorstellung, Luft in den Bauch und nicht so sehr in den Brustraum zu ziehen. Die Hand auf dem Bauch bewegt sich auf und ab, nicht die Hand auf der Brust. Diese Aufgabe soll dir zeigen, dass du selbst mit aktivierten Bauchmuskeln durchaus über den Bauch atmen kannst. Nur weil die Bauchmuskeln leicht angespannt sind, heißt das nicht, dass sie sich nicht auch ausdehnen und kontrahieren können. Falls nun mehr Rumpfspannung benötigt wird, bist du aktionsbereit. Du musst nur etwas Luft ablassen und gleichzeitig die Rumpfspannung erhöhen.

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Diese einfache Übung lässt sich sogar für olympische Gewichtheber durchführen. Ein Tipp, den wir unseren Schwerkraftathleten mitgeben, ist, vor der Hebeübung den Bauch mit Luft zu füllen – denn je höher der Druck im Bauchraum, desto stabiler die Wirbelsäule. Viele Athleten machen das allerdings falsch und blasen den Bauch auf, ohne vorher den Rumpf durch Anspannen fest zu verankern. Teste es selbst: Atme tief in den entspannten Bauch und versuche dann, den Rumpf um dieses Luftkissen herum zu festigen. Es geht einfach nicht. Erst muss das Rumpfgewebe zum stahlharten Zylinder werden. Dann füllst du in diesen begrenzten Raum so viel Luft wie möglich ein. Das ist die Strategie, um schwer heben zu können. Zunächst erscheinen diese Übungssequenzen mühsam. Die Zwerchfellatmung bei angespanntem Rumpf zu lernen ist jedoch eine entscheidende Komponente der Verankerungssequenz. Erst wenn du durch Anspannen der Bauchmuskeln den Raum um die Wirbelsäule herum so klein wie möglich schrumpfst, kannst du den Rücken stabilisieren. Rumpf und Zwerchfell sind vorbereitet. Sobald du das Verhältnis von Becken und Lendenwirbelsäule durch das Anspannen der Gesäßmuskeln korrigierst, kann sogar der Beckenboden als untere Basis des Rumpfatmungssystems agieren.

 

Euer Dr. Kelly Starrett

 

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„Entrostungstraining“ für die Wirbelsäule

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Lerne und erfahre mehr zu Dysbalancen und fundamentalen Bewegungseinschränkungen bei der FMS Zertifizierung ( u.a. mit Silvester Neidhardt als Referent).

Nach nun fast 30 Jahren Erfahrung als Trainer und der Zusammenarbeit mit den unterschiedlichsten Sportlern und Patienten komme ich mir heutzutage immer als ein „Entrostungstrainer“ vor. Die meisten meiner Kunden leiden unter fundamentalen Bewegungseinschränkungen – das Alter und die „allgemeine“ sportliche Leistungsfähigkeit spielen hierbei fast keine Rolle, egal ob ich mit Sportlern arbeite, die es gewohnt sind komplexe Bewegungsabläufe auszuführen oder den klassischen Büroathleten betreue, der ein wenig Tennis und/oder Golf in seiner wenigen Freizeit als seinen einzigen Ausgleich betrachtet – wobei dies nicht heissen soll, dass die Bewegungsabläufe in diesen beiden Sportarten nicht komplex sind. Jeder meiner Kunden ist ein potentieller Risikokanditat!

Oftmals sind die Körper – Gelenke, Bänder, Sehnen, Faszien, Muskulatur – unzureichend trainiert, um den tatsächlich wirkenden Kräften standzuhalten. Selbst die einfachsten Bewegungsmuster sind bei vielen Sportlern und Büroathleten in Vergessenheit geraten, die Motorik und Mobilität sind in den meisten Fällen extrem eingeschränkt.

Um dieser „Entrostung“ entgegenzuwirken, gibt es ein paar einfache und dennoch wirksame Übungen, die jedermann mit den einfachsten Hilfsmitteln durchführen kann. Heute möchte ich euch ein paar Übungen für die Wirbelsäule, sowohl HWS als auch BWS, zeigen. Mit diesen kombinierten Übungen kannst du die Haltung um den Bereich der Halswirbel- und Brustwirbelsäule verbessern und v.a. durch spezielles Aktivieren mobilisieren auch wieder besser vernetzen.

Ausgangsposition

Bauchlage mit gebeugten Armen (90°) und die Stirn liegt am Boden auf.

Aus dieser Ausgangslage einen „Kopf-Oberkörper-Hebe-Test“ (ohne das Hände/Arme dieses unterstützen) ausführen und den höchsten Punkt auf der gegenüberliegenden Seite merken. Danach überprüft man wie weit der Kopf seitlich am Boden abgelegt werden kann (das Ohr sollte am Boden aufliegen können). Bei diesen beiden Abfragen sind die meisten Menschen extrem limitiert.

 

Mobilitätsübungen

Erste Übung – Bauchlage mit gebeugten Armen und Kopf in Seitenlage. Nun wird der Kopf von einer Seite zur anderen gedreht und man „putzt“ mit Druck auf das Handtuch die Stirn ab (je Seite 6-8x).

Zweite Übung – Bauchlage mit gebeugten Armen und Kopf in Seitenlage. Nun wird der Kopf von einer Seite zur anderen gedreht und man „putzt“ mit Druck auf das Handtuch dieses mal das Kinn ab (je Seite 6-8x).

Dritte Übung – Kopf liegt auf einer Seite. Eine Hand unter der Wange (Wange liegt auf dem Handrücken) platzieren dann Ellbogen anheben und Oberkörper aufdrehen (je Seite 8-12x). Dabei hebt und nimmt der Handrücken den Kopf mit.

Vierte Übung – Bauchlage – die Ellenbogen unter die Schultern – Kopf soweit wie möglich anheben und bei stabiler Schulterachse den Kopf drehen soweit wie möglich (über die Schulter nach hinten Schauen).

Abschluss – Re-Test: Den „Kopf-Oberkörper-Hebe-Test“ wiederholen und erkennen, ob sich etwas verbessert hat.

Viel Spass und Erfolg dabei!

 

Euer Silvester Neidhardt

Lerne und erfahre mehr zu Dysbalancen und fundamentalen Bewegungseinschränkungen bei der FMS Zertifizierung ( u.a. mit Silvester Neidhardt als Referent).

 

 

 

 

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